Ständerat korrigiert gesetzliche Ungleichheit nur zur Hälfte
Der Ständerat hat heute nur eine der Ungleichheiten im Bundesgesetz über den Erwerbsersatz beseitigt. Er hat beschlossen, dass die Betriebszulage für selbständig Erwerbende nicht mehr den Militärdienstleistenden vorbehalten bleibt, sondern auch im Falle von Mutterschaft zum Tragen kommt. Hingegen werden Frauen während der Mutterschaft auch weiterhin nicht dieselben Nebenleistungen erhalten wie Dienstleistende während des Militärdienstes. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, bedauert letzteren Entscheid und sieht ihn als Ausdruck überholter, patriarchaler Rollenbilder.
Zwei Motionen, die heute dem Ständerat unterbreitet wurden, wollten Korrekturen am Erwerbsersatzgesetz (EOG), die gemäss einem kürzlich erstellten Rechtsgutachten zu den geschlechtsspezifischen Lücken in der Bundesgesetzgebung notwendig sind. Diese Lücken betreffen die Nebenleistungen (Kinderzulagen und Zulagen für Betreuungskosten), die ursprünglich vorgesehen waren, um den Verdienstausfall des Alleinernährers der Familie während des Militärdiensts auszugleichen.
Der Antrag der Sozialdemokratin Margret Kiener Nellen verlangte die Gleichstellung von Militärdienst und Mutterschaft beim Erwerbsersatz: Der Höchstbetrag des Tagessatzes sollte in beiden Fällen gleich hoch sein, d.h. 245 Franken für jede und jeden. Die zweite Kammer lehnte dies mit Stichentscheid des Präsidenten aus Kostengründen ab – und vergass dabei offensichtlich das in der Verfassung verankerte Gleichheitsgebot. Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellungspolitik bei Travail.Suisse, hält fest: «Die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein unbestrittener Verfassungsgrundsatz. Die zusätzlichen Kosten für diese Korrektur sind gerechtfertigt – erst recht in einem reichen Land, das so wenig für seine Familienpolitik ausgibt.»
Die Motion der Sozialdemokratin Min Li Marti betraf die bislang fehlenden Betriebszulagen für selbständig Erwerbende im Falle von Mutterschaftsurlaub, wie sie bereits für selbständig Erwerbende im Falle des Militärdiensts vorgesehen sind. Diese Vorlage fand im Ständerat eine Mehrheit, was Travail.Suisse sehr begrüsst.