Lohngleichheit: Schluss mit Ausnahmen
Das Gleichstellungsgesetz sieht Ausnahmen vor, die Unternehmen von der Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse befreien. Léonore Porchet, Nationalrätin und Vizepräsidentin von Travail.Suisse, hat heute eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche die Abschaffung dieser Ausnahmeregelung verlangt. Damit soll Druck auf den Bundesrat ausgeübt werden, damit er unverzüglich die verfügbaren Instrumente verbessert, um die zunehmende Lohndiskriminierung in der Schweiz zu bekämpfen.
Die im Juli 2020 in Kraft getretene Revision des Gleichstellungsgesetzes GlG hat nicht die erhoffte Wirkung gezeigt. Die Verpflichtung für Unternehmen ab 100 Angestellten, die Löhne auf systematische Lohnungleichheit zu überprüfen, hat keine messbaren Auswirkungen. Tatsächlich ist der Anteil der gemessenen Lohnungleichheit, der sich nicht durch objektive Kriterien erklären lässt, laut Bundesamt für Statistik von 47,8% im Jahr 2020 auf 48,2% im Jahr 2022 gestiegen. Die Lohndiskriminierung in der Schweiz nimmt also weiter zu.
Die letzte Revision des GlG verpflichtet Unternehmen ab 100 Angestellten, alle vier Jahre die Einhaltung der Lohngleichheit zu überprüfen. Ein Artikel erlaubt es jedoch, sich dieser Pflicht zu entziehen, «wenn die Lohngleichheitsanalyse zeigt, dass die Lohngleichheit eingehalten ist» (Art. 13a, Abs. 3). Äusserst problematisch ist jedoch, dass keinerlei Kriterien vorgegeben werden, wann dies der Fall ist.
Die heute eingereichte parlamentarische Initiative will diese Ausnahme aus dem Gesetz streichen. Léonore Porchet, Vizepräsidentin von Travail.Suisse, betont: «Diese Ausnahme, deren Kriterien unklar und deren Auslegung problematisch sind, muss sofort abgeschafft werden.» Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellungs- und Vereinbarkeitspolitik, fügt hinzu: «15% der Arbeitnehmenden wechseln jedes Jahr die Stelle, allein deshalb muss eine regelmässige Wiederholung der Lohngleichheitsanalyse die Regel sein, ohne Ausnahme.»
Mit dem Projekt RESPECT8-3.CH haben Travail.Suisse und seine Verbände die Umsetzung der GlG-Revision durch die Unternehmen von Anfang an eng verfolgt. Ihr Evaluationsbericht, der im März 2024 veröffentlicht wurde, zeigt deutliche Lücken und Mängel auf. Der Bundesrat hingegen hat eine vorgezogene Zwischenevaluation in Aussicht gestellt, in deren Rahmen konnte Travail.Suisse seine Erkenntnisse einbringen. Diese Studie ist seit mehreren Monaten abgeschlossen, der Bericht des Bundesrates lässt aber weiterhin auf sich warten: Er ist erst für den Sommer 2025 angekündigt. In der Zwischenzeit fehlen den Frauen in unserem Land weiterhin jeden Monat 657 Franken oder 8’000 Franken pro Jahr im Portemonnaie – nur weil sie Frauen sind.