Vier Forderungen aus Anlass des ersten Nationalen Tags der betreuenden Angehörigen
Auf Initiative der Interessengemeinschaft Angehörigenbetreuung IGAB und einer interkantonalen Allianz von zehn Kantonen ist der 30. Oktober dieses Jahr erstmals Mal ein nationaler Tag der betreuenden Angehörigen. Die IGAB formuliert aus diesem Anlass vier Forderungen an die nationale Politik.
Vor fünf Jahren gründeten fünf nationale Organisationen (Schweizerisches Rotes Kreuz, Pro Senectute, Pro Infirmis, Krebsliga Schweiz und Travail.Suisse) die IGAB oder Interessengemeinschaft Betreuende Angehörige IGAB, die einzige Dachorganisation der betreuenden Angehörigen auf nationaler Ebene. Travail.Suisse übernimmt seit Beginn die Geschäftsführung der IGAB und stellt zwei Jahren den Präsidenten, denn die Betreuung von Angehörigen ist ein wichtiger Bestandteil der vielfältigen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – einem Kernanliegen von Travail.Suisse. Travail.Suisse stellt unter anderem auf der Website www.info-workcare.ch nützliche Informationen für betroffene Erwerbstätige zur Verfügung. Um die Politik stärker für das Thema zu sensibilisieren, hat die IGAB beschlossen, den 30. Oktober zum Nationalen Tag der betreuenden Angehörigen zu erklären, dieses Jahr unter dem Motto «Unterstützung lohnt sich immer». Die mittlerweile seit 11 Jahren bestehende interkantonale Allianz von 10 Kantonen beteiligt sich ebenfalls. Als Thema wurde die professionelle Unterstützung gewählt, die sich immer lohnt.
Eine aktuelle Studie der Paul Schiller Stiftung und des Vereins Entlastungsdienst Schweiz zeigt, dass sich die Unterstützung von pflegenden und betreuenden Angehörigen lohnt. Mit der richtigen Unterstützung können die betreuten Personen länger zu Hause bleiben, und die Zahl der Heimeintritte sinkt. Gemäss Schätzungen müsste fast jede zweite Person in ein Pflegeheim eintreten, wenn sie nicht bei der Pflege und Betreuung unterstützt würde. Die professionelle Unterstützung von betreuenden Angehörigen bietet diesen Entlastung und trägt zu ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit bei. Darüber hinaus ermöglicht sie es betreuenden Angehörigen, ihre Arbeit besser mit ihren Verpflichtungen zu vereinbaren, wodurch sich ihr Stress verringert. Dadurch verbessert sie nicht nur die Lebensqualität der betreuenden Angehörigen, sondern auch jene der betreuten Personen. Der Zugang zu dieser Unterstützung bleibt jedoch häufig durch finanzielle Hürden beschränkt.
Mit der Alterung der Bevölkerung wird der Bedarf an Hilfe und Unterstützung weiter steigen und damit auch der Druck auf die betreuenden Angehörigen. Die Zahl der Menschen, die Hilfe und Unterstützung benötigen wird weiter steigen, gleichzeitig werden auch die betreuenden Angehörigen immer älter. Hinzu kommt, dass die Dauer der Krankenhausaufenthalte kontinuierlich abnimmt (von 11,2 Tagen im Jahr 2001 auf durchschnittlich 8 Tage im Jahr 2019, was einer Reduzierung um 29% entspricht) und die Gesundheitskosten stetig steigen. Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist von entscheidender Bedeutung, um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu gewährleisten. Darüber hinaus muss der finanzielle Zugang zu Unterstützungsangeboten für betreute Angehörige sowie zu Entlastungsangeboten für betreuende Angehörige gewährleistet sein.
Vier Forderungen auf nationaler Ebene
Im Rahmen des Ersten Nationalen Tags der betreuenden Angehörigen lanciert die IGAB vier Forderungen zur langfristigen Verbesserung der gesellschaftlichen, politischen und sozialen Situation der betreuenden Angehörigen in der Schweiz:
- Um gleiche Bedingungen für alle betreuenden Angehörigen zu schaffen, bedarf es einer nationalen Strategie für betreuenden Angehörige unter Einbezug der betroffenen Akteure.
- Um betreuende Angehörige über bestehende Angebote und Hilfen zu orientieren, muss eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden. Dies bedingt eine Zusammenarbeit auf nationaler Ebene von Kantonen und regionalen Verbänden bedeutet.
- Entlastungsangebote müssen flächendeckend für möglichst viele Menschen zugänglich sein, sowohl was den Preis als auch die Verfügbarkeit betrifft.
- Die Finanzierung von Entlastungsangeboten muss landesweit einheitlich geregelt werden.
Bestärkung durch den Bundesrat
2021 hatte der Bundesrat jede Initiative nationaler Verbände oder Organisationen zur Einführung eines nationalen Tages der betreuenden Angehörigen begrüsst. Er hatte seine Bereitschaft erklärt, sich daran zu beteiligen. Heute betont Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die Bedeutung dieses Tages und stellt ihn in einen grösseren Zusammenhang.
«Was gilt bei uns als Arbeit, und wie viel ist sie uns wert? Diese Fragen müssen wir als Gesellschaft diskutieren und beantworten. Denn sie werden noch an Bedeutung gewinnen: Weil die Gesellschaft älter wird, werden mehr Menschen Unterstützung benötigen als je zuvor. Betreuende Angehörige leisten ihren Beitrag oft an 365 Tagen im Jahr. Ein Nationaler Tag der betreuenden Angehörigen genügt freilich nicht, um ihnen die Wertschätzung und Anerkennung auszusprechen, die sie verdient haben. Aber er verschafft dieser sensiblen Debatte mehr Aufmerksamkeit.» (Auszug aus dem Grusswort von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider).
Travail.Suisse teilt in der IGAB den Standpunkt von Elisabeth Baume-Schneider und setzt sich dafür ein, dass die Unterstützung von betreuenden Angehörigen über Worte hinausgeht und in Massnahmen und Hilfen verschiedener Art umgesetzt wird.
Links:
Nationaler Tag der betreuenden Angehörigen
Interkantonale Allianz