Krisensteuer wirkt besser als Sparmassnahmen
Die Corona-Krise führt zu massiven staatlichen Mehrausgaben. Diese können dank der ausgezeichneten finanziellen Lage des Bundeshaushalts und der unabhängigen Geldpolitik ohne weiteres gestemmt werden. Sparmassnahmen im Nachgang an die Corona-Krise wären deshalb nicht nur unnötig, sie würden die konjunkturelle Erholung vielmehr gefährden. Zur teilweisen Deckung der hohen Krisen-Ausgaben soll aber temporär eine Krisensteuer eingeführt werden, die hohe Unternehmensgewinne, die in der Krisenzeit erzielt worden sind, abschöpft.
Bei den ersten Corona-Massnahmen, die das Herunterfahren des öffentlichen Lebens zum Schutz vor dem Corona-Virus einläuteten, hat der Bundesrat noch keine Vorkehrungen für die Wirtschaft vorgesehen. „Wo ist eigentlich Parmelin?“ war eine Überschrift eines Presseartikels kurz bevor der Bundesrat die auch von Travail.Suisse geforderte Unterstützung der Wirtschaft und der Arbeitnehmenden endlich beschloss. Im April folgte die Ausweitung der Kurzarbeit für Arbeitnehmende auf Abruf, letzte Woche die Ausweitung der Corona-EO auf Selbstständigerwerbende, die zwar in ihrem Arbeitsgebiet weiterarbeiten können, aber corona-bedingt keine Arbeit mehr haben. Diese Massnahmen helfen, dass für möglichst viele Personen die Lohnfortzahlung gewährleistet ist und so die Kaufkraft erhalten werden kann. Mitte April arbeiteten bereits 1,67 Millionen Arbeitnehmende in Kurzarbeit, rund ein Drittel aller Erwerbstätigen in der Schweiz. Das gab‘s noch nie.
Kosten sollen nicht via Lohnbeiträge finanziert werden
Die Erwerbsersatzordnung und die Arbeitslosenversicherung werden dabei stark beansprucht. Der Bundesrat hat für die Corona-EO bereits 4 Milliarden und für die ALV 6 Milliarden Franken aus dem Bundeshalt überwiesen. Weitere 1.3 Milliarden kostet der Bundesratsentscheid vom letzten Donnerstag für die Unterstützung der Selbstständigerwerbenden. Wie viel die Bürgschaften für die Unternehmen effektiv kosten, wird erst in fünf bis sieben Jahren bekannt sein. Ob die bereits gesprochenen Beiträge reichen, darf bezweifelt werden. Noch ist offen, wer die allfälligen Schulden von Corona-EO und ALV bezahlt. Für Travail.Suisse ist klar, dass diese Corona-Kosten vollumfänglich vom Bund bezahlt werden müssen. Andernfalls müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmende die Schulden in den kommenden Jahren mittels Lohnbeiträgen oder gar mittels Sanierungsbeiträgen bezahlen. Anfang Jahr stand die ALV ohne Schulden da, das Solidaritätsprozent für die höchsten Löhne wäre 2021 weggefallen. Je nach Schuldenstand Ende Jahr wird es (wahrscheinlich) weitererhoben. In Anbetracht der Lage finanzieren sich die getroffenen Massnahmen des Bundes weitgehend selber, da massive Lohneinbussen und Unternehmenskonkurse verhindert werden können. Viel hängt davon ab, wie schnell die Wirtschaft wieder hochgefahren werden kann und wie schnell die Gesellschaft mit dem Corona-Virus leben lernt.
Wer jetzt noch gewinnt, gewinnt dank öffentlichen Ausgaben
Die Corona-Krise führt zu einem mindestens teilweisen Stillstand der wirtschaftlichen Aktivität in vielen Branchen. Der Bund hat gute Voraussetzungen zur Abfederung geschaffen. Dank den öffentlichen Ausgaben können wirtschaftliche Prozesse weitergeführt werden:
- Die Kurzarbeit ermöglicht anhaltende Lohnzahlungen trotz massiv gesunkener oder behördlich unterbundener Tätigkeit. Entlassungen sollen so verhindert werden.
- Der Erwerbsersatz und die die Bürgschaften für Unternehmen überbrücken den Unternehmen die wegfallenden Einkünfte. Dadurch verhindern sie Unternehmenskonkurse und daraus folgende Kreditausfälle bei Banken. Auch daraus folgende Zweitrundeneffekte, beispielsweise der Mietausfall bei den Vermietern von Geschäftsräumen, werden verhindert.
Kurz: die massiven öffentlichen Ausgaben führen dazu, dass ein grosser Teil der wirtschaftlichen Kreisläufe geschlossen bleibt, trotz der eingeschränkten oder sogar wegfallenden Arbeitstätigkeit. Es profitieren somit aktuell alle Unternehmen von den hohen öffentlichen Ausgaben. Das heisst aber auch, dass Unternehmen, die jetzt Gewinne erzielen, dies nur dank den massiven öffentlichen Ausgaben machen.
Keine wirtschaftlichen Gewinne aus öffentlichen Geldern
Von der Corona-Krise soll niemand wirtschaftlich profitieren. Das ist eine finanzpolitische, aber auch eine gesellschaftliche Frage. Die politischen Massnahmen wurden solidarisch ergriffen, nun sollen sie auch solidarisch nachfinanziert werden. Deshalb sollen ausserordentliche Gewinne, die von Unternehmen in diesem Zeitraum erzielt werden, abgeschöpft werden. Dies ist praktisch ausschliesslich über das Instrument der Gewinnsteuer bei Unternehmen und der Dividendenbesteuerung bei natürlichen Personen möglich. Sie sollen - beispielsweise für fünf Jahre - leicht erhöht werden. Die Zusatzeinnahmen sollen dabei direkt an den Bund fliessen. Dies führt dazu, dass Unternehmen, die in den Jahren der Corona-Krise kaum Gewinne erzielt haben, auch kaum Gewinnsteuern bezahlen. Unternehmen, die trotz Corona-Krise einen Gewinn erzielt haben, sollen hingegen einen substantiellen Teil davon zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben an den Staat zurückvergüten. Die Umgehung ist bei einer Einführung über fünf Jahre schwerer möglich. Zudem werden mit der Dividendenbesteuerung Erträge eher reinvestiert, was nach der Krise wichtig ist.