Coronakrise: Sinnvoller Fahrplan, aber weiterhin hohe Belastung für Arbeitnehmende mit Betreuungspflichten
Der Bundesrat hat heute den Fahrplan für den Ausstieg aus dem Lockdown präsentiert. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, begrüsst das etappierte Vorgehen bei der Öffnung von Wirtschaft und Gesellschaft unter der Prämisse der gesundheitspolitischen Kontrolle der Epidemie. Unverständlich bleibt ein Verschieben der Öffnung von Schulen und Betreuungsinstitutionen. Damit bleiben nach wie vor Arbeitnehmende in Familienhaushalten übermässig von den Auswirkungen der ausserordentlichen Lage betroffen.
In der Coronakrise hat für Travail.Suisse der Gesundheitsschutz oberste Priorität. Entsprechend wird das heute vom Bundesrat präsentierte schrittweise Vorgehen beim Abbau der Lockdown-Massnahmen unter Berücksichtigung der epidemiologischen Eckwerte wie Neuansteckungsrate, Hospitalisierungszahlen und Kapazitäten in den Spitälern begrüsst. Der Arbeitsplatz und der Weg dorthin gehören nach wie vor zu den grössten Infektionsrisiken. Travail.Suisse ist deshalb erleichtert, dass der Bundesrat auch die besonders gefährdeten Gruppen von Arbeitnehmenden wieder stärker schützen will. Ein Arbeitsdispens, wenn Homeoffice nicht möglich ist - finanziert über die Kurzarbeitsentschädigung - ist für Travail.Suisse ein sinnvolles Vorgehen. „Der Bundesrat anerkennt endlich das individuelle Schutzbedürfnis von besonders gefährdeten Arbeitnehmenden“, sagt Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik von Travail.Suisse. Zentrales Element in der Exit-Strategie des Bundesrates sind die Schutzkonzepte der betroffenen Branchen. Für Travail.Suisse ist der starke Einbezug der Arbeitnehmervertretungen wichtig, damit die Schutzmassnahmen mit den Mitarbeitenden definiert werden können. Es wird erwartet, dass die Behörden klare Vorgaben machen.
Verzögerte Öffnung der Schulen und Betreuungsinstitutionen ist bedauerlich
Aus Sicht von Travail.Suisse unverständlich ist dagegen, dass die Öffnung der Schulen und Betreuungsinstitutionen verzögert wird. Während personenbezogene Dienstleistungen, Baumärkte und Gartencenter ab dem 27. April wieder geöffnet werden dürfen, müssen Schulen und Betreuungsinstitutionen bis mindestens am 11. Mai geschlossen bleiben. „Die starke Belastung von Arbeitnehmenden in Familienhaushalten wird so unnötigerweise verlängert“, betont Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse. Dass es auch anders geht, zeigen Länder wie Dänemark oder Deutschland, welche die Schulöffnungen prioritär umsetzen.
Weitere Ausdehnung des Anspruchs auf Erwerbsersatz
Auch zwei wichtige Entscheide zur Ausdehnung von Corona-EO hat der Bundesrat heute gefällt und damit verbleibende Lücken bei der Einkommenssicherung von Arbeitnehmenden geschlossen. Einerseits werden jetzt auch Selbständigerwerbende, welche nicht direkt von einer behördlich angeordneten Betriebsschliessung betroffen, aber in Folge der Massnahmen mit starken Umsatzeinbussen konfrontiert sind, ins System des Corona-Erwerbsersatzes integriert. Andererseits können Eltern von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen, welche diese aufgrund von geschlossenen Einrichtungen selber betreuen, ihren Erwerbsausfall über die Eltern-EO kompensieren. Travail.Suisse bedauert, dass für berufstätige, pflegende Angehörige keine Unterstützung geleistet wird. Viele Betroffene sind durch den Wegfall von Tagesbetreuungseinrichtungen oder Heimen zusätzlich gefordert.
Lernende können ihre Ausbildung abschliessen
Der Bundesrat hat heute die angepassten Qualifikationsverfahren für die berufliche Grundbildung infolge Coronavirus für das Jahr 2020 wie am Spitzentreffen Berufsbildung beschlossen gutgeheissen. Travail.Suisse unterstützt den gemeinsamen Kompromiss. Ziel der Richtlinien ist es, den jungen Berufsleuten unter den schwierigen Bedingungen der Corona-Krise einen Abschluss zu ermöglichen, der einen realen Wert auf dem Arbeitsmarkt hat. Die Beteiligten sind aufgefordert, alles zu unternehmen, um die praktischen Prüfungen durchführen zu können.