Wenn mir jemand vor 20 Jahren gesagt hätte, dass ich heute als gewähltes Mitglied im Nationalratssaal sitzen würde, hätte ich wahrscheinlich gelächelt. Und doch bin ich hier und stelle mich diesem neuen Abenteuer mit Dankbarkeit und mit einer Motivation, die mich begleitet, seit ich in jungen Jahren auf kommunaler Ebene mit der Politik begonnen habe.
Jeder Kilometer auf dem Weg vom Tessin nach Bern bedeutet für mich Erfahrungen, Begegnungen, Erfolge und auch einige Niederlagen. In all diesen Jahren habe ich in der Politik immer einen konstruktiven Ansatz verfolgt, angetrieben von meinen Werten: Gerechtigkeit, Familie und Fairness.
Wenn ich auf meinen politischen Weg zurückblicke, stelle ich fest, dass jedes Amt, das ich innehatte, jeweils zum richtigen Zeitpunkt kam: Als sehr junger Mann machte ich meine ersten politischen Schritte im Gemeinderat von Chiasso, später wurde ich als junger Mann in den Grossen Rat gewählt und heute, mit knapp 40 Jahren, bin ich Mitglied des Nationalrats. Diese Lehrjahre geben mir das nötige Rüstzeug, um heute mit Zuversicht und Entschlossenheit das Bundeshaus zu betreten und mein Amt auszuüben.
Die Dossiers, mit denen wir in Bern zu tun haben, sind komplex, ebenso die demokratischen Prozesse, die es nach und nach zu lernen gilt. In dieser ersten Phase ist es mir wichtig, die Dossiers, aber auch die gesamte politische und nicht-politische Welt, die sich rund um Bundesbern dreht, zu beobachten und kennenzulernen, damit ich meine Aufgaben optimal wahrnehmen kann.
In meinem politischen Handeln war der Einsatz für die Arbeitnehmenden schon immer eines meiner Kernanliegen, umso mehr in diesem historischen Moment, der düstere Aussichten für die Zukunft des Arbeitsmarktes und damit auch der Familien zeichnet. Das soeben veröffentlichte Schweizer Familienbarometer zeigt eine äusserst prekäre wirtschaftliche Situation für viele Familien auf. Die vorgelegten Zahlen sind besorgniserregend. Für 52% der Familien reicht das Einkommen kaum oder gar nicht aus, 49% von ihnen müssten ihr Arbeitspensum erhöhen, um die Ausgaben zu decken.
Das Tessin und die Westschweiz sind die am stärksten betroffenen Kantone. Dies ist gerade für das Tessin nicht überraschend, wenn man den Druck auf die Löhne in Betracht zieht. Während der Medianbruttolohn 2021 in der Schweiz bei 6’788 CHF lag, betrug er im Tessin nur 5’590 CHF. In unserem Kanton erleben wir ständig prekäre Situationen, die verhindern, dass Arbeitnehmende einen sicheren Arbeitsplatz haben. Ebenfalls mit dem Thema Arbeit verbunden ist der fortschreitende Abbau von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor und bei ehemaligen Bundesbetrieben, die die prekäre Situation unserer Arbeitnehmenden weiter verschärft.
In der Frühjahrssession befasste sich der Nationalrat mit dem Thema «Armut in der Schweiz» und widmete diesem Thema am 14. März eine ausserordentliche Session. Eine Motion, welche die Fortführung des nationalen Programms zur Prävention und Bekämpfung von Armut forderte, wurde erfreulicherweise angenommen. Das Parlament sah es zu Recht als sehr gravierend an, dass im Jahr 2021 in unserem Land 745’000 Menschen (8,7 % der Bevölkerung!) unterhalb der Armutsgrenze leben.
Die Situation ist ernst, und es gibt viel zu tun. Deshalb ist es sehr wichtig, dass alle Kräfte zusammenkommen, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Zeit zu unterstützen und sich für den Schutz des Arbeitsmarktes einzusetzen. Dieser muss allen Arbeitnehmenden würdige Arbeitsbedingungen garantieren.