Nein zur Abschaffung der Stempelsteuer und Ja zur Medienunterstützung
Aus Sicht von Travail.Suisse sind bei den Abstimmungen vom 13. Februar zwei Vorlagen besonders wichtig für die Arbeitnehmenden: Die Stempelabgabe und das Medienpaket. Travail.Suisse lehnt noch tiefere Steuern für Unternehmen ab und sagt Nein zur Abschaffung der Stempelsteuer. Medien sind für informierte Bürgerinnen und Bürger von grundlegender Bedeutung. Der Vorstand von Travail.Suisse hat deshalb im Sinne des Service public ein Ja zum Medienpaket beschlossen.
Die Abstimmungen vom 13. Februar finden auch wegen Travail.Suisse statt: Travail.Suisse hat das Referendum gegen die Abschaffung der Stempelsteuer mitlanciert. Konkret stimmen wir über die komplette Abschaffung der Emissionsabgabe auf neu geschaffenes Aktienkapital eines Unternehmens ab. Seit den 1990er Jahren wurde die Emissionsabgabe mehrmals gesenkt, Freibeträge eingeführt und erhöht. Das waren bereits Steuergeschenke in Milliardenhöhe für die Wirtschaft. Ausgerechnet nach der Corona-Krise, die Milliarden von Steuerfranken zu deren Abfederung nötig machte, will das Parlament die Emissionsabgabe auf die Ausgabe von Eigenkapital abschaffen. Das Gegenteil wäre nötig: Travail.Suisse hat im letzten Jahr eine temporäre Zusatzbesteuerung der Unternehmen gefordert, damit sie einen Teil der Lasten mitfinanzieren, die der Staat in der Corona-Krise richtigerweise übernommen hat und von denen die Wirtschaft stark profitierte. Trotz Corona funktionierte die Wirtschaft dank dem Einsatz der Arbeitnehmenden immer und in vielen Branchen prächtig. Für Travail.Suisse steht die vom Parlament beschlossene Aufhebung der Stempelsteuer umso schräger in der Landschaft, weil die Politik diskutiert, wie mit den Corona-Schulden umgegangen werden soll. Der Verzicht auf Einnahmen kommt umso mehr zur Unzeit. Eine fiskalpolitische Gesamtbetrachtung wurde nicht vorgenommen, und es wurden jüngst weitere Steuersenkungsvorlagen beschlossen oder sind in Ausarbeitung.
Dabei ist bekannt, dass insbesondere der Finanzsektor stark vom Standort Schweiz profitiert. Er zahlt keine Mehrwertsteuer auf seine Produkte und Transaktionen, Kapitalgewinne werden ausserdem in der Schweiz nicht besteuert. Es braucht heute keinen Stempel mehr, damit ein Wertpapier legal gehandelt werden kann. Trotzdem erhalten die in der Schweiz gezeichneten Aktien den Stempel, eine Art Gütesiegel der Schweiz. Der Finanzplatz Schweiz nutzt den guten Ruf der Schweiz als sicheres Land mit guter Infrastruktur und gut ausgebildeten Fachkräften, um daraus Profit zu ziehen. Die Reichsten der Welt platzieren ihr Geld gerne an solchen Orten. Es ist deshalb nichts als richtig, dass sie wenigstens eine Emissionsabgabe bezahlen, zumal die Schweiz im weltweiten Vergleich beinahe die tiefsten Unternehmenssteuern hat.
Gerade bei Investitionen in Eigenkapital kann die Abgabe als Beitrag an die öffentliche Infrastruktur betrachtet werden, von denen ein neu gegründetes oder ein expandierendes, bereits bestehendes Unternehmen profitiert. Für jede neue Wohnung muss in vielen Gemeinden beispielsweise eine Anschlussgebühr ans Wassernetz geleistet werden, weil man von deren Vorleistung profitiert. Mit den Stempelsteuern leisten die grossen Unternehmen einen kleinen Teil zur Finanzierung der öffentlichen Basisinfrastruktur, dem Service public der Schweiz. Dazu passt ein Blick zurück: 1992 wurde die Abschaffung der Stempelsteuer vom Volk abgelehnt, am gleichen Tag wie die Annahme der NEAT. 1992 hat das Stimmvolk die richtigen Prioritäten gesetzt, dies muss am 13. Februar erneut geschehen. Staatliche Investitionen in die Infrastruktur und den ökologischen Umbau sind wichtiger denn je, davon profitiert letztlich auch die Wirtschaft.
Obwohl die Gegenseite in ihrer Kampagne mit den kleinen- und mittleren Unternehmen (KMU) argumentiert: Die KMU profitieren von dieser Reform nicht. Es besteht bereits eine Freigrenze von einer Million Franken, im Fall einer Umstrukturierung sogar von 10 Millionen Franken. Wer die Abschaffung der Stempelsteuer als Reform für die in der Corona-Krise gebeutelten KMU präsentiert, nutzt die Krise als Vorwand, um letztlich die Grossunternehmen, die Banken und ihre Aktionärinnen und Aktionäre zu begünstigen.
Wir wissen: Mit diesen Steuerausfällen – es ist nur die erste Etappe – wird der Spardruck erhöht. Natürlich schweigen sich die bürgerlichen Strateginnen und Strategen darüber aus, wo gespart werden soll. Sinkende Steuereinnahmen gehen aber immer zu Lasten der tiefen Einkommen und des Mittelstandes und führt somit zu einer weiteren Umverteilung von unten nach oben. Diese Entwicklung muss mit einem (erneuten) klaren Nein des Stimmvolkes Einhalt geboten werden.
Ja zur Unterstützung der Medien
Das Gewinnstreben der Aktionärinnen und Aktionäre ist auch ein Grund für die Notwendigkeit des Medienpakets. Bei den vier grossen Schweizer Medienverlagen müssen die Zeitungen Gewinne abliefern. Erreichen sie die hohen Gewinnziele nicht, werden Stellen und somit das Angebot abgebaut. Querfinanzierungen von den profitablen Online-Bereichen zum weniger profitablen Zeitungsbereich werden vom Management nicht geduldet. Stellen werden abgebaut, Redaktionen zusammengelegt und Zeitungstitel fusioniert. Ausgedünnte Redaktionen können aber keinen Journalismus bieten, wie ihn eine Demokratie wie sie die Schweiz kennt, erfordert. Die Medienvielfalt ist in Gefahr. Bevor die grossen Internet-Werbe-Giganten Facebook, Google und andere auftraten, konnten die Zeitungen von ihren Inserateeinnahmen gut leben. Jetzt fliesst stattdessen ein Grossteil der die Werbegelder in Milliardenhöhe ins Ausland. Diese Problematik hat sich mit Corona noch verschärft.
Um die Rahmenbedingungen zu verbessern und ein vielfältiges Medienangebot in den Regionen zu fördern, hat das Parlament in der Junisession 2021 ein auf 150 Millionen Franken veranschlagtes Massnahmenpaket unter Dach und Fach gebracht. Rund 100 Millionen Franken sind befristet für die nächsten sieben Jahre. Im Wesentlichen werden die indirekte Presseförderung erhöht – also die ermässigte Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften – und die Online-Medien unterstützt. Es sei gesagt, dass davon auch die Zeitschriften der grösseren Verbände, auch der Gewerkschaften, profitieren. Für Travail.Suisse sind die geplanten Formen der Medienförderung angebracht und nötig. Mit dem Medienpaket können die Medien bei der Anpassung an die tiefgreifenden strukturellen Veränderungen der Branche unterstützt werden. Es wird helfen, die negativen Auswirkungen der Pandemie abzufedern. Die zentrale Rolle von unabhängigen Medien für eine funktionierende Demokratie soll so erhalten bleiben. Gleichzeitig werden Arbeitsplätze in dieser Branche gesichert und ein Beitrag für die Aus- und Weiterbildung der Journalistinnen und Journalisten geleistet. Travail.Suisse sagt deshalb im Sinne des Service publics überzeugt Ja zum Medienpaket.