Die elektronische Identität gehört zum Service public – Travail.Suisse sagt Nein zur E-ID-Vorlage
Am 7. März 2021 entscheiden die Stimmberechtigten über die Einführung der elektronischen Identität. Dass es die Möglichkeit einer eindeutigen Identifikation im Internet braucht, steht ausser Frage. Welche Rolle der Staat hier einnehmen soll, ist jedoch stark umstritten. Für Travail.Suisse ist klar: Nicht private Unternehmen sollen den digitalen Schweizer «Pass» ausstellen, sondern der Staat. Die E-ID-Vorlage muss abgelehnt werden, damit dieser Service public eingeführt werden kann.
Unser Leben wird immer stärker von digitalen Angeboten beeinflusst. Das Internet ist zur Quelle von vielen neuen Möglichkeiten geworden, die man sich nicht mehr wegdenken kann. Auf vielen Webseiten und bei vielen Unternehmen muss man sich als Nutzerin oder Nutzer anmelden und seine Identität bekannt geben. Travail.Suisse stellt die Notwendigkeit einer elektronischen Identität nicht in Frage. Eine E-ID zum Nachweis der eigenen Identität in der virtuellen Welt, vergleichbar mit der Identitätskarte oder dem Pass in der physischen Welt, ist ein nützliches und zeitgemässes Angebot. Ohne neue, schweizerische elektronische Identität profitieren weiterhin die globalen Digitalriesen. Für die Nutzung ihrer Angebote zahlen wir mit unseren Daten, welche die Unternehmen für Werbung nutzen und so international das grosse Geld machen. Gleichzeitig werden diese Unternehmen wie Google, Apple, Amazon oder Microsoft immer mächtiger und vergrössern ihren Einfluss weltweit.
Travail.Suisse fordert, dass die Digitalisierung so gestaltet wird, dass sie zum Nutzen aller dient und eine Teilhabe aller Menschen ermöglicht. Denn Digitalisierung ist kein Naturereignis, sondern ein von Menschen geführter Prozess. Travail.Suisse hat dies in den «Schlaglichtern zur Digitalisierung» am letzten Travail.Suisse-Kongress festgehalten (1).
Vor diesem Hintergrund lehnt Travail.Suisse die vorliegende E-ID-Vorlage ab. Der Staat –Bund, Kantone und Gemeinden – muss befähigt werden, im Zuge der Digitalisierung in der digitalen Welt mitzuhalten und seine Angebot auch digital anbieten zu können. In vielen Bereichen sind innovative Angebote entstanden, die heute einfach und sicher von vielen Bürgerinnen und Bürger genutzt werden können. Die E-ID-Vorlage ist aber eine Kapitulation des Staates vor den Unternehmen.
Mit dem vorliegenden E-ID-Gesetz wird privaten Unternehmen die Aufgabe übertragen, ein Angebot für eine elektronische Identität zu schaffen. Sie stellen die E-ID aus, sind für die Vermarktung zuständig, stellen die Infrastruktur sicher und sind Ansprechpartner gegenüber den Bürgerinnen und Bürger. Der Staat tritt zu keinem Zeitpunkt direkt in Erscheinung. Die Anbieter der E-ID sind heute noch nicht bekannt, dass auch der Staat in Ergänzung zu den Privaten eine E-ID anbieten darf, wurde im Parlament jedoch explizit abgelehnt. Damit wird erstmals die Bewirtschaftung eines Schweizer Ausweisdokuments privatisiert und den Marktkräften überlassen. Die Eidgenössische E-ID-Kommission soll zwar den Auftrag erhalten die Einhaltung der Spielregeln des E-ID-Gesetzes zu überwachen, sie kann aber die grundsätzliche Problematik, dass private Unternehmen eine staatlichen Aufgabe übernehmen und damit Geld verdienen, nicht ausmerzen.
Mit der Ablehnung der vorliegenden E-ID-Vorlage kann ein Neustart erfolgen. Der Bund, bzw. der Staat auf allen Ebenen, soll die Aufgabe erhalten, seine Dienste auch in einer digitalen Welt anzubieten, die elektronische Identität gehört hier dazu. Der Staat darf dieses Feld nicht privaten Anbietern überlassen. Nur mit einer demokratischen Kontrolle dieser sensiblen Bereiche können wir auch in Zukunft grösstmögliche Gewähr haben, dass zum Wohle der ganzen Gesellschaft gearbeitet wird und nicht zum Wohle weniger Aktionärinnen und Aktionäre der grossen Tech-Unternehmen. Im Vordergrund soll eine einfache Lösung stehen, die für alle erschwinglich und demokratisch legitimiert ist sowie den Datenschutz und die Gleichbehandlung aller Menschen gewährleistet. Der Service public wird auf diese Weise gestärkt und dem Staat und der Politik kommt die dafür nötige Rolle zu. Mit dem E-ID-Gesetz wurde das Kräfteverhältnis ohne Not zu Gunsten der Unternehmen verschoben. Der Vorstand von Travail.Suisse will das korrigieren und empfiehlt am 7. März 2021 ein Nein.
(1): Schlaglichter auf die Digitalisierung - eine Diskussionsgrundlage, verabschiedet vom Travail.Suisse-Kongress am 14. September 2019, hier klicken