Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, wird das 100-Jahr-Jubiläum der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) an seinem Kongress vom 14. September 2019 thematisieren. Die Bedeutung der IAO wird insbesondere dank der Anwesenheit von Botschafterin und Leiterin Internationale Arbeitsfragen im Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Valérie Berset Bircher, hervorgehoben. Das 100-Jahr-Jubiläum der IAO ist zudem eine Gelegenheit, das Engagement von Travail.Suisse auf nationaler wie auf internationaler Ebene zu zeigen und die Forderungen des Verbands für die Zukunft der Arbeit darzulegen.
Travail.Suisse wird das 100-Jahr-Jubiläum der IAO an seinem Kongress vom 14. September 2019 thematisieren. Die Jubiläumsveranstaltungen, die während des ganzen Jahres stattfinden, erlauben es, einerseits die Tätigkeiten und das Engagement von Travail.Suisse im Rahmen der IAO und andererseits die Bedeutung der IAO für die Gewerkschaften und die Arbeitswelt hervorzuheben. Für die Zukunft der Arbeit gilt es mehrere Herausforderungen zu bewältigen und Chancen zu nutzen, und Travail.Suisse spielt dabei im Rahmen der Sozialpartnerschaft und des sozialen Dialogs national wie international eine wichtige Rolle. Sein Beitrag innerhalb der IAO zeigt, dass alle wirtschaftlichen und sozialen Fragen tripartit und mit dem gemeinsamen Engagement der verschiedenen Akteure der Arbeitswelt angegangen werden müssen.
Die IAO beeinflusst die Arbeitswelt
Auch nach 100 Jahren ist die IAO als einzige tripartite Organisation der UNO eine wichtige Institution, welche die Arbeitswelt – über ihr Verhandlungssystem, ihre normative Tätigkeit und ihre verschiedenen Mechanismen zur Kontrolle der Einhaltung der internationalen Normen – beeinflusst und die Arbeitnehmenden in unausgeglichenen Machtverhältnissen mit ihren Arbeitgebern schützen will. Zudem trägt die IAO zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler wie auf internationaler Ebene bei, und die Normen, die im Rahmen der tripartiten Verhandlungen erarbeitet werden, bilden die Grundlage für die meisten Gesetze und Praktiken betreffend die Arbeit. Die Globalisierung, aufstrebende Schattenwirtschaften und die Digitalisierung gehören zu den wichtigsten internationalen Herausforderungen der nächsten Jahre.
Welche Herausforderungen wurden an der Internationalen Arbeitskonferenz thematisiert?
An der letzten Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) belegte die Verabschiedung eines neuen Übereinkommens (Nr. 190) zur Beendigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und einer Jubiläumserklärung über die Zukunft der Arbeit, dass die normative Tätigkeit der IAO möglich und notwendig bleibt. Dank der Forderungen des Frauenstreiks vom letzten Juni war das Verhandlungsklima insbesondere günstig, um positiven Druck zur Verteidigung der Gleichstellung auszuüben. Dieser Druck wird in den kommenden Jahren aufrechterhalten werden müssen, damit die Schweiz und andere Staaten das Übereinkommen zur Beendigung von Gewalt und Belästigung ratifizieren. Die Ratifizierung wird es ermöglichen, die Gleichbehandlung bei der Arbeit zu stärken und gegen Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, vorzugehen. Die Erklärung über die Zukunft der Arbeit wird es hingegen erlauben, die Tätigkeit der IAO in den nächsten Jahren zu lenken, indem der Mensch in den Mittelpunkt gerückt wird, in einem Umfeld, wo die Digitalisierung und andere Faktoren eine grosse Rolle bei der Entwicklung der Arbeitswelt spielen.
Die Schweizer Präsidentschaft des IAK hat dazu beigetragen, ein Klima des Dialogs zu schaffen, das die Ergebnisse der IAK begünstigt und auch die Rolle und die Bedeutung der Schweiz auf dem internationalen Parkett aufgezeigt hat. Das schweizerische System der Sozialpartnerschaft bleibt ein Musterbeispiel, braucht aber Anstrengungen, um weiterhin eine effiziente und gerechte Umsetzung zu ermöglichen. Unter diesem Blickwinkel haben Travail.Suisse und andere Partner aus der Arbeitswelt 2018 übrigens eine tripartite Erklärung über die Zukunft der Arbeit unterzeichnet. Um das Engagement der Schweiz aufzuzeigen und an ihre Grundsätze und Werte in Bezug auf die Arbeitswelt zu erinnern, wollten die Sozialpartner diesbezüglich als Pioniere auftreten. Allerdings bleibt die zu bewältigende Herausforderung gross, nämlich die Umsetzung dieser Erklärung. Unter den zentralen Themen, die es zu behandeln gilt, finden sich die Umsetzung der Empfehlungen der IAO bezüglich des Schutzes vor missbräuchlichen Kündigungen, die Weiterverfolgung des Berichts der Weltkommission über die Zukunft der Arbeit und die Umsetzung der Ziele zur nachhaltigen Entwicklung der Agenda 2030.
Die Wirkungskraft der Gewerkschaften innerhalb der IAO
Travail.Suisse und die Gewerkschaften können positiven Einfluss ausüben und konkret im Rahmen der Interessen der Arbeitnehmenden agieren. Die letzte IAK hat mit dem Druck, der ausgeübt wurde, um das Recht in Sachen Kündigungsschutz mit dem internationalen Recht abzustimmen, dafür ein deutliches Exempel statuiert. Tatsächlich stand die Schweiz – wegen der Nichteinhaltung des Übereinkommens Nr. 98 über das Organisationsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen – auf der langen Liste der Staaten, welche die internationalen Übereinkommen am stärksten verletzt haben. Nachdem die Schweizer Gewerkschaften mehrere Klagen eingereicht hatten, gelangte der IAO-Ausschuss für Gewerkschaftsfreiheit zum Schluss, dass die Schweiz keinen effektiven Schutz vor gewerkschaftsfeindlichen, missbräuchlichen Kündigungen gewährleistete, und empfahl, dass dieser Zustand geändert werden müsse – jedoch ohne Erfolg. Um nun zu verhindern, dass die Schweiz in die kürzere Liste mit wenigen Ländern aufgenommen wurde, die während der IAK vom IAO-Ausschuss für die Durchführung der Normen genauer geprüft wurde, hat Bundesrat Guy Parmelin eine Mediation vorgeschlagen, um die Situation in der Schweiz innert Jahresfrist zu verbessern. Dieser Mediationsentscheid ist momentan ein Etappensieg für die Weiterführung des Dialogs zwischen den Sozialpartnern und für die Lösungsfindung.
Travail.Suisse wird sich auch weiterhin im Rahmen des sozialen Dialogs national wie international engagieren und dazu beitragen, dass die Anstrengungen im Rahmen der Verpflichtungen, die von den verschiedenen Parteien innerhalb der IAO übernommen werden, weitergeführt werden. Travail.Suisse fordert, die Zukunft der Arbeit gestalten zu können, ohne passiv unter den Folgen zu leiden, die insbesondere aus der Digitalisierung resultieren. Denn die Zukunft der Arbeit liegt in den Händen der Sozialpartner und muss sich an der Beibehaltung qualitativ hochstehender Arbeitsbedingungen ausrichten können.