Das Projekt «Lösungen zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmender in Ungarn» wurde im Rahmen des Beitrags der Schweiz zur Verringerung der Ungleichheiten in den neuen EU-Mitgliedsländern finanziert und Ende 2014 abgeschlossen. Als Ergebnis der Zusammenarbeit und eines ausführlichen Dialogs mit den ungarischen Sozialpartnern entstand eine Publikation mit detaillierten Empfehlungen zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmender in Ungarn, ausgehend von den Erfahrungen in der Schweiz.
Ungarn gehört zu den EU-Ländern mit einer besonders tiefen Erwerbsquote bei den über 50-Jährigen. Sie liegt bei rund 40%, in der Schweiz liegt sie bei 70%. Auch der Gesundheitszustand der über 50-Jährigen ist häufig schlecht, und entsprechend belegt Ungarn in Europa einen der letzten drei Plätze bei der verbleibenden Lebenserwartung ab dem Alter von 50 Jahren. Die Gewerkschaft MOSZ (nationaler Verband der Arbeiterräte) kontaktierte Travail.Suisse mit der Anfrage, gemeinsam ein Projekt zur Verbesserung der Situation älterer Arbeitnehmender in Ungarn einzureichen, das die Schweiz finanziert.
Echte Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und ungarischer Gewerkschaft
Das Zusammenarbeitsprojekt wurde im Mai 2013 genehmigt und erhielt einen Beitrag von CHF 125’000. Besonders erfreulich war, dass mit der MOSZ nicht nur eine Gewerkschaft mitwirkte, sondern zusätzlich auch die Arbeitgeberorganisation VOSZ (nationaler Verband der Arbeitgeber und Unternehmer). Von Beginn an stellten die Sozialpartner ihren Willen unter Beweis, zum Erfolg dieses Projekts beizutragen.
Die erste Etappe des Projekts bestand aus einer Studienreise in die Schweiz, die Travail.Suisse im November 2013 organisierte. Eine Delegation von MOSZ und VOSZ erhielt dabei Einblick in die Erfahrungen, die in der Schweiz mit älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt gemacht wurden. Die Studienreise beinhaltete auch Besuche und einen Erfahrungsaustausch mit dem Seco und mit den Sozialpartnern (Syna, Schweizerischer Arbeitgeberverband), mit Forschungskreisen, Unternehmen (z.B. Die Post), mit einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum und mit einer Organisation, die Arbeitslose begleitet.
Anfang 2014 wurden diese Erfahrungen als Grundlage für einen echten Sozialdialog zwischen MOSZ und VOSZ in Ungarn genutzt. Der VOSZ befragte mit einer grösseren Umfrage ungarische Unternehmen dazu, wie gut die älteren Arbeitnehmenden in den Arbeitsmarkt integriert sind. 175 Unternehmen beteiligten sich an der Umfrage, 69 davon mit Schweizer Beteiligungen.
Eine der Schlussfolgerungen der Befragung besteht darin, dass es einen Mentalitätswandel braucht: Die ungarischen Arbeitgeber müssen sich stärker bewusst werden, dass ältere Arbeitnehmende auch Vorteile bieten, was Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Loyalität, Erfahrung usw. anbelangt. In Budapest fanden zusätzlich mehrere Seminarien mit Schweizer Fachleuten sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der ungarischen Regierung statt.
Publikation mit Empfehlungen zum konkreten Handeln
Eine Konferenz im Juni 2014 in Budapest mit Beteiligung des Arbeitsministers bildete den Abschluss des Projekts. Anschliessend verfassten die ungarischen Partner in Zusammenarbeit mit Travail.Suisse ein Dokument , das im ersten Teil eine Vergleichsstudie zur Situation älterer Arbeitnehmender auf dem ungarischen und dem schweizerischen Arbeitsmarkt präsentiert. Die Studie zeigt, dass grosse Unterschiede bestehen (u.a. Erwerbsquote und Gesundheitszustand), aber auch Gemeinsamkeiten: In beiden Ländern haben ältere Arbeitlose am meisten Schwierigkeiten, wieder eine Stelle zu finden, und sowohl in Ungarn als auch in der Schweiz bleiben ältere Erwerbslose länger arbeitslos als im Durchschnitt der OECD-Länder.
Die Publikation stellt anschliessend Methoden vor, die sich in der Schweiz bewährt haben und auch die Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmender in Ungarn verbessern könnten. Auf ein besonders positives Echo stiess bei den ungarischen Partnern, dass in der Schweiz diese Probleme demokratisch und konsensorientiert angegangen werden und dass die staatlichen Arbeitsvermittlungsstellen weniger bürokratisch und stärker auf eine aktive Wiedereingliederung ausgerichtet sind. Einen bleibenden Eindruck hinterliess auch die von der Syna mitgestaltete Plakat-Kampagne des Kantons Aargau, die mit den Angaben zum Alter und zur Erfahrung älterer Arbeitnehmender spielt.
Die Publikation schliesst mit Empfehlungen an die betroffenen Akteure, d.h. die öffentliche Hand, die Arbeitgeber, die Gewerkschaft, die NGO, die Medien und die älteren Arbeitnehmenden selbst.
Die MOSZ, die das Projekt initiiert hat, will diese Vorschläge regelmässig auf ihre Tagesordnung setzen und mit staatlichen Einrichtungen und Arbeitgebern diskutieren, damit sie auch wirklich umgesetzt werden. Die Mitglieder des MOSZ werden ermutigt, am Arbeitsplatz auf bessere Arbeitsbedingungen älterer Arbeitnehmender hinzuwirken, damit diese länger leistungsfähig bleiben.
> Gesamte Broschüre siehe unten (nur auf Französisch)