Die 21. Konferenz der Vertragsparteien (COP 21) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen (UNFCCC) endet mit der Verabschiedung eines für alle Länder verbindlichen internationalen Abkommens, das die Begrenzung der Erderwärmung im 21. Jahrhundert auf maximal 2 Grad Celsius, möglichst aber auf 1.5 Grad Celsius anstrebt. Dieses Ziel wird von der Gewerkschaftsbewegung unterstützt, da ein «toter Planet» auch für den Arbeitsmarkt das schlimmstmögliche Szenario darstellt. Fortan gilt es jedoch, auch das Konzept des fairen Übergangs und der menschenwürdigen Arbeit verstärkt in die Klimaproblematik einzubeziehen.
Anlässlich der im Nachgang zum Kyoto-Protokoll 1 bisher stattgefundenen Klimaverhandlungen (Klimagipfel von Kopenhagen (2009), Klimakonferenz im südafrikanischen Durban (2011)) gelang es den Teilnehmerländern nicht, sich auf verbindliche Ziele zu einigen. Die Klimakonferenz von Paris verabschiedete ein Abkommen, welches ab 2020 das Kyoto-Protokoll ablösen soll.
Die drei Ziele von Paris wurden erreicht
Die Pariser Klimakonferenz verfolgte drei Hauptziele:
- Festlegen verbindlicher Treibhausgas-Reduktionsverpflichtungen pro Land unter Berücksichtigung des Grundsatzes der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung, wonach die Industrieländer zu Recht eine grössere Verantwortung übernehmen sollen als die Entwicklungsländer;
- Festlegen der Modalitäten für die Überarbeitung des Abkommens. Es muss überprüft werden können, ob die Ziele erreicht wurden. Auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse könnten sich die festgelegten Ziele nämlich als ungenügend erweisen, weshalb es möglich sein muss, das Abkommen zu überarbeiten;
- Finden einer geeigneten Finanzierung für die am wenigsten entwickelten Länder. Die von den Industrieländern versprochene Finanzierung muss geleistet werden, aber nicht auf Kosten der bestehenden Entwicklungshilfe. Folglich müssen zusätzliche Finanzmittel aufgebracht werden. Denkbar wären eine Finanztransaktionssteuer oder die schrittweise Abschaffung von umweltschädlichen Subventionen.
Das in Paris verabschiedete Abkommen kann als Erfolg gewertet werden, da die drei verfolgten Ziele erreicht worden sind. Es gilt jetzt genau zu überprüfen, ob die nationalen Ziele in Bezug auf die Reduktion der Treibhausgase auch umgesetzt werden. Die fehlenden Sanktionen bei Nichteinhaltung dieser Ziele sind diesbezüglich ein Schwachpunkt. Handeln ist auf jeden Fall angesagt, da die aktuellen nationalen Ziele die Erderwärmung eher bei 3 statt 2 Grad Celsius und schon gar nicht bei 1.5 Grad Celsius beschränken.
Gemäss des fünften Berichts der Internationalen Sachverständigengruppe für Klimaveränderungen (IPCC) aus dem Jahr 2014 müssen die globalen Emissionen um 40 bis 70 Prozent gegenüber 2010 verringert werden, wenn die Klimaerwärmung auf einem Niveau stabilisiert werden soll, das für die Erde und ihre Bewohner keine existentielle Bedrohung darstellt. Für die Industrieländer bedeutet dies eine Senkung ihres CO2-Ausstosses um 80 Prozent.
Nicht nur auf den technologischen Fortschritt setzen
Dass diese Ziele allein durch den technologischen Fortschritt erreicht werden können, ist alles andere als sicher. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass seit 1990 der Kohlenstoffanteil an der Produktion jährlich um insgesamt 0,7 Prozent zurückgegangen ist. Da die Wirtschaft sich jedoch schneller entwickelte als die Technologie, hat der CO2-Ausstoss um zwei Prozent pro Jahr zugenommen. 2
Aus diesem Grund drängen sich auch Massnahmen zur Veränderung der Konsumgewohnheiten auf. Vergessen wird ferner, dass die Arbeitnehmenden je nach Branche unterschiedlich vom Klimawandel betroffen sein werden. Zu den Gewinnern gehören beispielsweise die Sektoren der Energieeffizienz oder der erneuerbaren Energien, während im Bereich der fossilen Energie, im motorisierten Verkehr, im Bergbau oder in sehr energieintensiven Industrien die Beschäftigten Gefahr laufen, ihre Stelle zu verlieren.
Deshalb darf sich ein internationales Klimaabkommen nicht nur die Verminderung des Treibhausgasausstosses zum Ziel setzen, sondern muss sich auch mit den möglichen verheerenden Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Arbeitsbedingungen befassen. Die unerlässliche Ökologisierung der Wirtschaft bedingt nämlich eine grundlegende Veränderung der Produktionsmethoden.
Je nach Wirtschaftsstruktur eines Landes besteht gegebenenfalls die Notwendigkeit, einen «fairen Übergang» vorzusehen, damit die Arbeitnehmenden der «Verliererbranchen» Aus- und Umschulungsprogramme besuchen und eine neue Stelle finden können.
In sozialer Hinsicht könnte die Reduktion der Treibhausgasemissionen zu einer erheblichen Erhöhung des Strompreises oder der Heizkosten führen, worunter die einkommensschwächeren Haushalte stärker zu leiden hätten, da die Energiekosten einen im Verhältnis höheren Anteil ihres Einkommens ausmachen als bei wohlhabenderen Haushalten. Die niedrigen Einkommen haben auch einen geringeren Handlungsspielraum als die vermögenderen Bevölkerungsschichten, um fossile durch saubere Energien zu ersetzen.
Aus diesen Gründen verlangt die internationale Gewerkschaftsbewegung, die in der Schweiz durch Travail.Suisse vertreten wird, dass in den internationalen Klimagesprächen auch die Frage des fairen Übergangs thematisiert wird. Es gilt Massnahmen wie die Förderung von Ausbildungen und Kompetenzen im Bereich Cleantech, die Achtung der gewerkschaftlichen Rechte und die Mitwirkung der Arbeitnehmenden vorzusehen, um die Auswirkungen der Treibhausgasreduktionen auf die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt abzufedern. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Umstellung von einer kohlenstoffintensiven auf eine «dekarbonisierte» Wirtschaft während des Übergangs an der mangelnden Unterstützung der Beschäftigten scheitert.
Ein Schritt in diese Richtung wurde an der Klimakonferenz von Cancún 2010 mit der Erwähnung des fairen Übergangs in der Schlusserklärung bereits gemacht: «Die Parteien stellen fest, dass der Kampf gegen den Klimawandel einen Paradigmenwechsel erfordert, damit eine Gesellschaft mit geringen Kohlenstoffemissionen entstehen kann, die zahlreiche Möglichkeiten bietet sowie ein hohes Wachstum und eine nachhaltige Entwicklung sicherstellt, die auf innovativen Technologien, einen nachhaltigen Verbrauch und nachhaltige Lebensweisen beruhen. Gleichzeitig soll für die Arbeitskräfte ein fairer Übergang gewährleistet werden, der eine menschenwürdige Arbeit und hochwertige Arbeitsplätze schafft. 3»
Der faire Übergang wird im Pariser Abkommen nur am Rand erwähnt
Den Begriff des fairen Übergangs gilt es nun genauer zu definieren. Zu diesem Zweck wäre es zu begrüssen, wenn die diesbezüglichen Kenntnisse der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mit einbezogen würden. Die ILO hat nämlich eine grüne Initiative verabschiedet, deren Ziel es ist, die ILO so auszustatten, dass sie bei der Erleichterung des Übergangs zu einem kohlenstoffarmen nachhaltigen Entwicklungspfad durch die Integration einer praktischen Dimension der menschenwürdigen Arbeit uneingeschränkt ihre Rolle wahrnehmen kann. Während der Internationalen Arbeitskonferenz im Juni 2015 hat sie ein Gipfeltreffen zum Thema Klimawandel und Arbeitswelt organisiert. Ausserdem beabsichtigt die ILO, die an der Klimakonferenz in Paris teilgenommen hat, ihre Arbeit an einer Strategie für einen fairen Übergang zu intensivieren.
Das Abkommen von Paris erwähnt das Gebot des fairen Übergangs nur am Rand. Es muss also noch viel Sensibilisierungsarbeit geleistet werden, damit in Zukunft der Grundsatz des fairen Übergangs und der menschenwürdigen Arbeit als wesentlicher Beitrag im Kampf gegen die Klimaerwärmung anerkannt und übernommen wird.