Die Besteuerung der nicht erneuerbaren Energien ist notwendig, um das Klima zu schützen und erneuerbare Energien zu fördern. Aber der Weg der Grünliberalen, der über eine Abschaffung der Mehrwertsteuer führt, ist gefährlich. Er entzieht dem Bund die nötigen Mittel zur Finanzierung der Sozialversicherungen und anderer wichtiger Aufgaben. Ausserdem wären tiefe Einkommen stärker von der Initiative betroffen als hohe, was klar unsozial ist. Die Initiative ist somit an den eidgenössischen Abstimmungen vom 8. März 2015 abzulehnen.
Die Initiative der Grünliberalen Partei verlangt die Einführung einer Steuer auf nicht erneuerbare Energien (Erdöl, Kohle, Erdgas, Uran). Um diese zusätzliche Steuerlast auf dem Energieverbrauch auszugleichen, fordert die Initiative die Abschaffung der MWST.
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative mit grosser Mehrheit ab. Das von der Initiative verfolgte Ziel, nämlich die Senkung des Verbrauchs fossiler Energien, ist gerechtfertigt, denn das heutige Wirtschaftsmodell kann nicht nachhaltig sein, wenn wir unsere Treibhausgasemissionen nicht drastisch reduzieren. Es ist auch richtig, bei den Energiepreisen anzusetzen, um Unternehmen und Haushalte zu einer Senkung ihres Energieverbrauchs anzuregen. Die Schweiz kennt seit mehreren Jahren die CO2-Lenkungsabgabe zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. Diese Abgabe wird teilweise als Prämienverbilligung an die Bevölkerung zurückverteilt, während die restlichen Einnahmen das Gebäudeprogramm (Programm zur energetischen Sanierung von Gebäuden) finanzieren. Warum also nicht diesen Weg mit einer zusätzlichen Erhöhung dieser Lenkungsabgabe weitergehen und dadurch nicht erneuerbare Energien deutlich stärker besteuern?
Drei negative Folgen der Initiative
Die Umsetzung der Initiative Energie- statt Mehrwertsteuer hätte drei negative Folgen.
Erstens: Wenn die Steuer auf nicht erneuerbare Energien die Einnahmen aus der MWST ersetzen muss, wird die Höhe der Energiesteuer davon statt von ihrem eigentlichen Ziel bestimmt. Man müsste die Steuer regelmässig erhöhen, um die Einnahmen konstant zu halten. Denn das Prinzip einer Lenkungsabgabe besteht ja darin, Haushalte und Unternehmen zu einer Senkung ihres Energieverbrauchs zu veranlassen. Das bedeutet, dass die Einnahmen aus der Steuer zwangsläufig mit der Zeit zurückgehen. Damit die Einnahmen immer gleich hoch bleiben, müsste man die Energiesteuer immer wieder erhöhen, bis sie schliesslich den Rahmen dessen sprengt, was zur Erreichung des Reduktionsziels beim Energieverbrauch erforderlich ist. Letztlich würde also nicht ein Energie-, sondern ein Steuerziel die Höhe der Abgabe bestimmen.
Zweitens würde die Abschaffung der MWST zwangsläufig zu tieferen Einnahmen für den Bund führen. Derzeit bringt die MWST dem Bund etwa 22 Milliarden Franken pro Jahr ein. Der Initiativtext besagt, dass der Ertrag der Energiesteuer dem durchschnittlichen Ertrag der Mehrwertsteuer in den letzten fünf Jahren vor ihrer Aufhebung entsprechen soll. Somit gewährleistet nichts, dass die Einnahmen aus der Energiesteuer mit der Zeit zunehmen, wie das bei der MWST aufgrund des Wirtschaftswachstums der Fall ist. Wird die MWST durch eine Energiesteuer ersetzt, so bringt das sehr schnell grosse Finanzierungsprobleme für Sozialversicherungen sowie für verschiedene Leistungen des Service public, es Bildungswesen, der Forschung usw. mit sich.
Drittens wirkt sich die Initiative negativ auf die Wohlstandsverteilung aus. Denn der Energieverbrauch belastet das Budget von Haushalten mit tiefem Einkommen oder mehreren Kindern proportional stärker als jenes von wohlhabenden Haushalten. Zudem sind Wohlhabende oft Hauseigentümer, die ihren Energieverbrauch leichter senken können, z.B. mittels Renovationen oder Erwerb eines Minergie- oder sogar Minergie+-Hauses. Einkommensschwache sind dagegen in der Regel Mieter und haben kaum Möglichkeiten, ins Energiesparen zu investieren.
Besser die Vorlage des Bundesrates abwarten
Ein weiterer Grund zur Ablehnung der Initiative ist, dass die Energiestrategie 2050 des Bundes vorsieht, ab 2020 die Subventionen zur Förderung erneuerbarer Energien schrittweise zu kürzen und durch eine Energiesteuer zu ersetzen. Bei dieser Steuer handelt es sich um eine Lenkungsabgabe, deren Einnahmen an Haushalte und Wirtschaft rückverteilt werden sollen, und zwar gemäss Modalitäten, die noch dieses Jahr in die Vernehmlassung gehen.
Es ist also besser, die Vorlage des Bundesrates abzuwarten, bevor man sich zu einem neuen Steuersystem mit ökologischer Komponente äussert. Ohne auf die Einzelheiten einzugehen, lässt sich bereits sagen, dass eine Energiesteuer ein unterstützenswertes Ziel ist, aber nur unter bestimmten Bedingungen: So dürfen nur die nicht erneuerbaren Energien besteuert werden und der Steuerertrag muss die bestmöglichste Auswirkung auf Einkommensverteilung und Beschäftigung haben.
Als Gewerkschaftsdachverband schenken wir den Auswirkungen einer künftigen Energiesteuer auf die Einkommensverteilung zwischen den Haushalten besondere Aufmerksamkeit. Denn im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung ist die Wirkung einer Energiesteuer nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher, finanzieller und vor allem sozialer Sicht zu prüfen.