Am 22. Januar endet die Vernehmlassungsfrist des „Bundesbeschluss über die zweite Etappe der Strommarktöffnung“. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, kann diese zweite Etappe der Strommarktöffnung nicht unterstützen, solange die Vorlage keine flankierenden Massnahmen für die Arbeitskräfte in der Stromwirtschaft (Branchen-GAV und Bildungsförderung) beinhaltet.
Die zweite Etappe der Strommarktöffnung wird einen verschärften Wettbewerb zur Folge haben. Für die Stromproduktions- und Stromversorgungsunternehmen, die heute noch mehrheitlich in öffentlicher Hand liegen, wird es schwieriger, einen Auftrag als Service public zu erfüllen. Damit steigt das Risiko, dass die erforderlichen Investitionen in die Stromproduktion sowie in Unterhalt und Ausbau der Netze vernachlässigt werden. Dass die Konsument/innen – wenn gewünscht – weiterhin das Modell abgesicherte Stromversorgung wählen können, ist gut, könnte aber zu überhöhten Tarifen führen, sofern die ElCom den maximalen Preisunterschied zwischen den Kunden auf dem freien Markt und den anderen nicht genauer definiert.
Im gegenwärtigen Vernehmlassungsentwurf sind die vorgesehenen Vorteile der zweiten Etappe der Strommarktöffnung (Anbieterwechsel und Preissenkungen, erhöhte Effizienz und Transparenz) klar zu ungenügend, um Ja zur vollständigen Marktöffnung zu sagen.
Deshalb kann Travail.Suisse die vollständige Marktliberalisierung nur unterstützen, wenn die Vorlage auch Massnahmen zur Abfederung der Auswirkungen des verschärften Wettbewerbs auf die Arbeitsbedingungen in der Branche vorsieht und den zunehmenden Bedarf an Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung zur Anpassung an einen Markt im starken Wandel berücksichtigt: Erforderlich sind insbesondere neue Kompetenzen in Zusammenhang mit der Computerisierung, dem Ausbau der Dienste und der Anpassung der Netze.
Vor diesem Hintergrund verlangt Travail.Suisse insbesondere, dass die Vorlage Folgendes vorsieht:
• im StromVG verankerte Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrags für die gesamte Branche, wobei die Bedingungen dieses GAV zwischen den Sozialpartnern auszuhandeln sind;
• finanzielle Unterstützung für die Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung der von den Umstrukturierungen betroffenen Arbeitskräfte;
• klarere Definition dessen, was unter überhöhten Preisen zu verstehen ist, um zu vermeiden, dass die kleinen Konsumentinnen und Konsumenten die tieferen Preise subventionieren, die für Grosskunden auf dem freien Markt festgelegt werden. Gegebenenfalls müssen die Befugnisse der ElCom verstärkt werden.
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Für weitere Auskünfte:
Denis Torche, Leiter Energiepolitik Travail.Suisse
Tel. 031 370 21 11 oder 079 846 35 19
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