Es besteht weiterer Handlungsbedarf beim Vaterschaftsurlaub
Seit einem halben Jahr haben alle Väter in der Schweiz Anspruch auf zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Bei Travail.Suisse und seinen Mitgliedsverbänden, den Initiatoren des Vaterschaftsurlaubs, sind in dieser Zeit über 100 Anfragen von Arbeitnehmenden im Zusammenhang mit Problemen rund um den Vaterschaftsurlaub eingetroffen. Sie zeigen, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht. Greta Gysin, Tessiner Nationalrätin und Co-Präsidentin von transfair, hat deshalb zwei Motionen eingereicht, die bestehende Lücken der aktuellen Regelung schliessen sollen.
Seit Anfang dieses Jahres hat die Schweiz einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Dennoch konnten seither nicht alle jungen Väter von ihrem neuen Recht profitieren. Travail.Suisse hat viele Hinweise erhalten, dass Arbeitgebende ihren Angestellten den Vaterschaftsurlaub ganz oder teilweise verweigern. Dabei setzen sie in der Regel drei Strategien ein: (1) Fehlinformation: Sie erklären ihren Mitarbeitern fälschlicherweise, dass diese keinen Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub hätten. (2) Keine freie Wahl des Zeitpunkts: Sie erklären den Arbeitnehmenden, dass sie den Vaterschaftsurlaub nicht direkt nach der Geburt nehmen können, weil dies etwa die betriebliche Situation nicht zulasse. (3) Emotionaler Druck: Sie appellieren an das «Pflichtgefühl» der Mitarbeiter ihrem Betrieb gegenüber.
Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes führt in vielen Fällen dazu, dass Väter ganz oder teilweise auf den Bezug des Vaterschaftsurlaubs verzichten. «Arbeitgebende bauen teilweise unter Androhung von Kündigung so viel Druck auf, dass Väter auf ihren rechtmässigen Vaterschaftsurlaub verzichten. Deshalb muss ein entsprechender Kündigungsschutz her», hält Greta Gysin, Co-Präsidentin von transfair, fest. Genau dies fordert die erste der zwei eingereichten Motionen, damit Väter – analog zur Regelung beim Mutterschaftsurlaub – ihr Recht ohne Angst vor negativen Konsequenzen durchsetzen können.
Kaum nachvollziehbar ist zudem die heutige Regelung, dass Väter ihr Recht auf Vaterschaftsurlaub verlieren, wenn ihr Kind während oder kurz nach der Geburt verstirbt. Die zweite Motion fordert deshalb eine Anpassung des Gesetzes in dieser Frage, so wie es auch beim Mutterschaftsurlaub vorgesehen ist. Bei einem solch schmerzlichen Ereignis brauchen sowohl Mütter als auch Väter gemeinsam Zeit für die emotionale Verarbeitung.