In einem Monat geht eine breite Allianz von rund 30 Verbänden auf die Strasse. Am Samstag, 7. März wollen Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, und alle Mitgliedsverbände, die rund 150’000 Arbeitnehmende vertreten, den Parlamentsmitgliedern anlässlich der Frühjahrssession klar machen, dass die Zeit der schönen Worte und der leeren Versprechen endgültig vorbei ist. Jede Volksvertreterin und jeder Volksvertreter muss sich dafür einsetzen, dass Schluss ist mit Lohndiskriminierungen, unter denen die Frauen, ihre Familien und letztlich die ganze Gesellschaft leiden. Zur Durchsetzung der Lohngleichheit, die seit Langem in der Verfassung und gesetzlich verankert ist, muss die Schweiz jetzt endlich rechtliche Instrumente bereitstellen, die etwas bewirken.
Anfangs Sommer wird der Bundesrat ein mit Spannung erwartetes Dokument vorlegen, das die noch immer bestehende Kluft zwischen Frauen- und Männerlöhnen endlich schliessen soll. Das Dokument wird entweder in Form eines neuen Gesetzentwurfs oder als Anpassung von bestehenden Gesetzen daherkommen. Das Parlament wird anschliessend über diese Vorschläge beraten. Damit bietet sich Frauenorganisationen, politischen Parteien, Gewerkschaften und anderen die Gelegenheit, das Recht der Frauen auf einen fairen Lohn einzufordern. Auch Travail.Suisse will Lohngleichheit – hier und jetzt! Am 7. März werden rund 30 Verbände und Organisationen auf dem Bundesplatz in Bern demonstrieren. Sie wollen sich damit bei den Parlamentarierinnen und Parlamentariern unter der Bundeskuppel Gehör verschaffen.
Jährlich werden knapp 8 Milliarden auf Kosten der Frauen «gespart»
Lohndiskriminierungen sind in der Schweiz leider ein Fakt: In erster Linie sind Frauen betroffen, die für dieselbe Arbeit allein aufgrund ihres Geschlechts rund 9% weniger verdienen als ihre Arbeitskollegen. Als Diskriminierung gelten Lohnunterschiede, die nicht auf Kriterien zurückzuführen sind, denen normalerweise die Lohnunterschiede von durchschnittlich 18,9% in der Privatwirtschaft und 13,6% im öffentlichen Sektor zugeschrieben werden. Auch mit Berücksichtigung der Ausbildung, der erforderlichen Qualifikationen, der beruflichen Funktion, der Erfahrung oder der Branche ist nicht zu erklären, weshalb die Unternehmen auf Kosten der Frauen durchschnittlich 677 Franken pro Monat «sparen», d.h. 7,7 Milliarden Franken pro Jahr . Diese Realität hat sich seit Jahrzehnten nicht verändert und lässt sich weder mit Sensibilisierungskampagnen noch mit vom Bund finanzierten Projekten aus der Welt schaffen.
Das Problem steht ungelöst im Raum
Gewisse konservative Kreise rechtfertigen ihre Tatenlosigkeit gerne, indem sie darüber klagen, dass sich an dieser Situation offensichtlich einfach nichts ändern lasse. Grund zum Klagen besteht tatsächlich: Diese Situation der Lohnungleichheit dauert bereits viel zu lange an. Die Frauen haben genug davon, weniger zu verdienen: Sie leiden nicht nur selber darunter, sondern auch ihre Familien. Später im Leben sind es wiederum die Frauen, welche die Zeche der Lohnbenachteiligungen zahlen, indem sie kleinere Altersrenten erhalten, sowohl in der ersten Säule, der AHV, als auch in der zweiten Säule, der beruflichen Vorsorge – wenn sie überhaupt genug verdient haben, um zusammen mit ihrem Arbeitgeber dort Beträge einzahlen zu können. Dass solche Lohndiskriminierungen noch immer nicht verschwunden sind, ist absolut inakzeptabel.
Die Sozialpartner hatten bereits die Chance, mit Unterstützung des Bundes Lohndiskriminierungen zu beseitigen. Das Pilotprojekt «Lohngleichheitsdialog» dauerte fünf Jahre, brachte jedoch keine befriedigenden Ergebnisse . Nur etwa 50 Unternehmen (von wie vielen angefragten?), zum Grossteil öffentliche oder gemeinnützige Betriebe, beteiligten sich an der Initiative, die auf Freiwilligkeit und Selbstkontrolle basierte. Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass von der Privatwirtschaft nichts zu erwarten ist. Deshalb ist es Zeit, dass der Staat die Sache in die Hand nimmt. Unser Land muss endlich Instrumente zur Durchsetzung der Gesetze schaffen.
Die Regierung darf nicht zögerlich handeln
Das Regierungskollegium hat bereits im vergangenen Herbst gezeigt, in welche Richtung es gehen will : Der Bundesrat will Unternehmen mit mindestens 50 Personen – diese Grenze ergibt sich aus der Analysemethode – verpflichten, die Löhne zu analysieren und diese Analyse durch Dritte kontrollieren zu lassen. Die Ergebnisse der Kontrolle müssten dann im Jahresbericht erwähnt werden. Travail.Suisse ist überzeugt, dass die Lohndiskriminierungen bei einem derart zahnlosen Gesetz noch ewig andauern werden. Denn fehlbare Unternehmen würden von den Behörden nicht einmal darauf aufmerksam gemacht, dass ein Problem besteht. Erst recht nicht würden Strafen gegen Wiederholungstäter verhängt werden. Nach Jahrzehnten mit Sensibilisierungskampagnen und nach einem kostenlosen Angebot für Selbstkontrollen durch die Unternehmen (Logib ) muss die Phase der Anreize nun endlich vorbei sein. Jetzt braucht es griffige, regelmässige und obligatorische Kontrollen, die auf anerkannten Methoden beruhen und Sanktionen nach sich ziehen, beispielsweise wenn nach mehreren negativ ausgefallenen Kontrollen kein wesentlicher Rückgang der Lohndiskriminierung festzustellen ist.
Es ist Zeit für eine Mobilisierung
Travail.Suisse und seine elf Arbeitnehmerverbände und Gewerkschaften werden an der nationalen Kundgebung für Lohngleichheit am 7. März 2015 teilnehmen . Den gemeinsamen Slogan «Lohngleichheit – hier und jetzt» ergänzt Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, mit: «Es braucht Kontrollen und Sanktionen!». Denn sonst besteht keinerlei Hoffnung, dass Lohndiskriminierung gegenüber Frauen bald der Vergangenheit angehören.