Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, ist erfreut, dass sich die Stimmbevölkerung heute gegen eine rückwärtsgewandte Familienpolitik ausgesprochen und die SVP-Familieninitiative abgelehnt hat. Damit ist der Weg frei, um die wirklichen familienpolitischen Herausforderungen anzugehen. Das Nein zur 1:12-Initiative zeichnete sich ab, es bedeutet indes nicht das Ende der Diskussion über die exorbitanten Managerlöhne.
Die Stimmbevölkerung hat mit ihrem heutigen Nein zur Familieninitiative gezeigt, dass sie nicht will, dass gut verdienende Alleinernährer-Familien zulasten aller übrigen Eltern steuerlich entlastet werden. Und sie hat zum Ausdruck gebracht, dass eine Familienpolitik, welche sich an einem rückwärtsgewandten Familienmodell orientiert, den aktuellen und künftigen Herausforderungen nicht gerecht wird.
Eine fortschrittliche Familienpolitik muss dafür sorgen, dass all jene, welche Kinder wollen, diesen Kinderwunsch auch verwirklichen können. Wenn die Kinder da sind, muss gewährleistet werden, dass jede Familie so leben kann, wie sie es für richtig hält. Für die grosse Mehrheit der Mütter und Väter ist es normal, neben der Familie erwerbstätig zu sein. Dies weil sie es wollen oder weil sie finanziell auf zwei Einkommen angewiesen sind. Das ist volkswirtschaftlich und gleichstellungspolitisch sinnvoll. Angesichts der demografischen Herausforderungen und angesichts der immer zahlreicheren sehr gut ausgebildeten jungen Frauen, wäre es fatal, die Familien vor die Wahl – Kinder oder Erwerbstätigkeit – zu stellen.
Ein verlässliches und gutes Angebot an familienexterner Betreuung ist deshalb auch für die Wirtschaft von grosser Bedeutung. Hier müssen weitere Fortschritte erzielt werden. Eine zeitgemässe Familienpolitik für alle Familien muss auch dafür sorgen, dass genügend Geld und Zeit für die Familie übrig bleibt. Statt Steuergeschenke braucht es deshalb einen Ausbau des Systems der Familienzulagen. Die heutigen Zulagen mit einem Mindestansatz von 200 Franken pro Kind werden den direkten Kinderkosten – 1310 Franken pro Monat bei zwei Kindern – bei weitem nicht gerecht. Bezüglich Zeit hat die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs oberste Priorität. Wer dafür sorgen will, dass sich Väter vermehrt um die Kinder kümmern, muss sie von Beginn an in die Familienarbeit einbinden. Und diese beginnt bei der Geburt.
Überrissene Managerlöhne bleiben ein Thema
Die 1:12-Initiative hat heute vor dem Volk erwartungsgemäss keine Mehrheit gefunden. Die Diskussion im Vorfeld der Abstimmung hat allerdings gezeigt, dass der Missmut über die ungezügelte Selbstbedienungsmentalität der Manager-Klasse in weiten Teilen der Bevölkerung verankert ist. Nicht zuletzt wurde auch von Seiten der Gegner immer wieder betont, dass mit der Bekämpfung der Initiative keinesfalls die millionenschweren Saläre gutgeheissen werden, sondern dass eine fixe Lohnspanne von 1:12 nicht das geeignete Mittel zur Lösung dieses Problems sei.
Für Travail.Suisse ist somit klar, dass mit dieser Abstimmung das Thema Managerlöhne nicht vom Tisch ist. Wenn trotz der öffentlichen Diskussion und trotz Abzockerinitiative keine Mässigung der Top-Saläre erwirkt werden kann, so dürfte die Lancierung der nächsten Vorschläge für griffigere Massnahmen nur eine Frage der Zeit sein.
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Martin Flügel, Präsident, Tel. 079/743.90.05