Auch im Jahr 2018 sind Frauen weit stärker durch Familien- und Erwerbsarbeit belastet als Männer. Das zeigt die neue Erhebung zu Familien und Generationen des Bundesamts für Statistik BFS. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, fordert mit seinem Aktionsplan Vereinbarkeit Massnahmen, die dieser Diskriminierung entgegenwirken.
Travail.Suisse hat 2018 vom Bund die Verabschiedung eines Aktionsplans mit Massnahmen zugunsten der Vereinbarkeit gefordert. Was das BFS heute mit seinen aktuellen Zahlen bestätigt hat, ist schon länger klar: Die Schweiz ist in der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit ein Entwicklungsland. „Entwickelt sich die Schweiz in diesem Tempo weiter, dann führt uns das in eine Sackgasse – für die Familien wie auch für die Volkswirtschaft“, sagt Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse. „Es braucht Investitionen von rund 5 Milliarden Franken, das heisst jährlich 500 Millionen Franken während mindestens 10 Jahren, um die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte auszubügeln“.
Die Schweiz muss jetzt in die Familien investieren
Die Erhebung des BFS hat gezeigt, dass Frauen in fast ihrer gesamten Erwerbskarriere durch die Familie benachteiligt werden. 70 Prozent der Frauen befürchten bereits vor der Geburt des ersten Kindes negative Konsequenzen für ihre Karriere. Bekommen sie trotzdem Kinder, so sind sie mehrheitlich alleine für die Hausarbeit zuständig (68,8 Prozent) und bleiben hauptsächlich zu Hause, wenn die Kinder krank sind (73,9 Prozent). „Obendrauf kommt, dass ein Drittel der Männer im Jahr 2018 immer noch davon ausgehen, dass ein Vorschulkind darunter leidet, wenn seine Mutter berufstätig ist“, sagt Wüthrich. „Das steigert den Druck auf die Frauen“. Gehen die Mütter trotz allem einer Erwerbsarbeit nach, so nutzen total 66,7 Prozent eine familienergänzende Kinderbetreuung. Die allermeisten davon können zumindest teilweise auf die Grosseltern zurückgreifen (41.5 Prozent). Das ist zwar finanziell lukrativ, denn Kindertagesstätten sind in der Schweiz teuer. Es bringt aber auch Nachteile mit sich – zum Beispiel, wenn die Grossmütter sich frühpensionieren lassen und weniger in ihre Altersvorsorge einzahlen, damit sie ihre Enkel/-innen hüten können. Ebenfalls alarmierend ist die Aussage, dass Frauen – insbesondere ab einem Erwerbspensum von 70 Prozent – ihre verschiedenen Aufgaben nicht mehr unter einen Hut bringen und angeben, überlastet zu sein.
Die Bevölkerung altert, Fachkräfte werden immer rarer, die Geburtenrate sinkt, der Bedarf an familienergänzenden Betreuungsstrukturen für Kinder und für kranke und älter werdende Angehörige nimmt stetig zu. Gleichzeitig fordern Arbeitgebervertreter immer lauter, dass Frauen sich mehr im Erwerbsleben engagieren. Doch ohne eine echte Familienpolitik und ohne Investitionen in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann dies nicht funktionieren. Denn nur Investitionen in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Praxis.
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