Die familienergänzende Betreuung kostet Eltern in der Schweiz unverhältnismässig viel. Während die Vollkosten der Angebote in der Schweiz vergleichbar mit dem benachbarten Ausland sind, tragen Schweizer Eltern einen viel höheren Kostenanteil selber. Deshalb lohnt sich in der Schweiz die Erwerbstätigkeit beider Elternteile häufig nur bedingt oder gar nicht. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, begrüsst deshalb den heutigen Entscheid des Nationalrates, den Verpflichtungskredit von 100 Millionen Franken für mehr bezahlbare Kinderbetreuungsplätze zu sprechen.
Eine gute familienexterne Kinderbetreuung ist ein Schlüsselfaktor für die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie und damit entscheidend, wenn es darum geht, den Fachkräftemangel mit einer höheren Erwerbsbeteiligung der Mütter zu bekämpfen. Ohne zusätzliche Investitionen geht dies nicht – sie lohnen sich aber: „Pro investiertem Franken kommen langfristig 2.6 bis 3.5 Franken an die öffentliche Hand zurück. Am besten ist das Kosten-Nutzen Verhältnis für den Bund. Deshalb ist es angezeigt, dass der Bund bei der Finanzierung mithilft“, sagt Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik bei Travail.Suisse.
Höhere Steuerabzüge reichen bei weitem nicht
Heute ist es für viele Eltern schwierig, ein passendes und vor allem bezahlbares Betreuungsangebot zu finden. Der Bundesrat will deshalb für die nächsten Jahre diejenigen Kantone gezielt unterstützen, welche die finanzielle Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung für Eltern ausbauen. Zudem will er Projekte für Betreuungsangebote mit erweiterten Öffnungszeiten unterstützen. Dies ist gerade für Eltern mit unregelmässigen Arbeitszeiten und für die Betreuung während der Schulferien wichtig. Der Nationalrat ist heute seiner Kommission und dem Ständerat gefolgt und hat den dafür vorgesehenen Verpflichtungskredit angenommen. „In die Kinderbetreuung zu investieren lohnt sich immer – für alle Seiten. Wird die Vereinbarkeit unterstützt, so hilft das gegen Fachkräftemangel und fördert die Gleichstellung der Elternteile“, sagt Kuert Killer.
Eine Minderheit vertrat die Meinung, die Situation könne alleine mit höheren Steuerabzügen für Drittbetreuungskosten gelöst werden. Deshalb sei die zusätzliche Anstossfinanzierung obsolet. Travail.Suisse befürwortet zwar die Steuerabzüge für Drittbetreuungskosten. Damit ist es aber bei weitem nicht getan. Denn obwohl der negative Einfluss der Steuern auf den Erwerbsanreiz gegeben ist, übersteigt ihn der Einfluss der hohen familienexternen Betreuungskosten meistens um ein Mehrfaches. Die grössten negativen Erwerbsanreize bestehen in der Schweiz, weil die Kinderbetreuungskosten zu einem grossen Teil auf die Eltern überwälzt werden. Um dies zu ändern, braucht es die vorgeschlagene Anstossfinanzierung als ersten Schritt.
Mehr Informationen:
Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik, 079 777 24 69