Seit einem Jahr leitet Travail.Suisse das Projekt zur Schaffung der ersten nationalen Plattform mit Informationen, nützlichen Tipps und Adressen für berufstätige Personen, die Angehörige betreuen, unterstützen und pflegen. Die Lancierung dieses neuen Angebots ist für 2016 geplant, doch über einen Teil der Inhalte, die allen Betroffenen auf www.info-workcare.ch kostenlos zur Verfügung stehen werden, können wir im Folgenden bereits informieren.
Eine neue Website zu konzipieren, ist nicht einfach, insbesondere nicht, wenn damit eine grosse Lücke geschlossen werden soll. Im Jahr 2012 hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen runden Tisch «Work and Care» einberufen, an dem rund dreissig auf diesem Gebiet tätige Organisationen teilnahmen, die sich der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Care-Arbeit 1 verschrieben haben. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, war mit von der Partie und hat festgestellt, dass es auf nationaler Ebene kein zentralisiertes Informationsangebot gibt, wo betreuende Angehörige rasch nützliche Angaben finden. Dies entsprach auch den Schlussfolgerungen des BAG. Eine weitere Schlussfolgerung des runden Tisches war die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit für die Aktivität der betreuenden Angehörigen zu sensibilisieren und Tabus zu brechen.
Im Anschluss an diese Feststellung und gestützt auf seine demografische Analyse 2 hat Travail.Suisse ein Projekt zur Erstellung einer neuen Website lanciert und dafür vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann finanzielle Unterstützung erhalten. Auf dieser Website sollen berufstätige betreuende Angehörige kostenlos und einfach Informationen und Tipps finden. Das Projekt ist im Juni 2014 3 angelaufen und dauert bis Frühling 2017. Die Website selbst soll im Herbst 2016 online gehen.
Wertvolle Hilfe von Fachleuten
Für die Konzeption des Inhalts der künftigen Website www.info-workcare.ch hat Travail.Suisse Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden und Fachleute aus verschiedenen Kreisen beigezogen. Dank der Erfahrung und dem Know-how der Schweizerischen Alzheimervereinigung, des auf Personalmanagement spezialisierten Büros avaconseils.ch 4 , des Forschungsinstituts Careum Forschung 5 , von Caritas Schweiz, des Schweizerischen Roten Kreuzes, der Männerorganisationen «mannschaft» und «männer.ch» sowie des Vereins Part Time Optimierung (der das Projekt zur Förderung von Jobsharing 6 umgesetzt hat) erhält das Projekt viele Inputs. Der Expertenausschuss wird ergänzt durch Fachleute wie Frau Prof. Nicky Le Feuvre der Universität Lausanne, die eines der den älteren Arbeitnehmenden gewidmeten Projekte im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP60 über die Gleichstellung der Geschlechter7^ geleitet hat, und Joëlle Curchod, Autorin einer umfassenden Studie über das Angebot für betreuende Angehörige im Kanton Jura.
Weitere Unterstützung bei diesem ehrgeizigen Unterfangen erhält Travail.Suisse durch die eigenen Mitgliedsverbände. Syna, OCST und transfair sind auch in der Projektleitung vertreten. Vertreter der Fachstelle UND und des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner vervollständigen das Team.
Die Rahmenbedingungen für die Care-Arbeit kennen
info-workcare.ch bezweckt die Förderung der generationsübergreifenden Betreuung innerhalb der Familie und will dabei dazu beitragen zu verhindern, dass Berufstätige ihre eigene Arbeitstätigkeit aufgeben oder zu stark einschränken müssen. Sie müssen über ihre eigene Situation als betreuende Angehörige – heute wie in Zukunft – in Kenntnis der Sachlage selbst entscheiden können. Die Rahmenbedingungen für die Care-Arbeit stellen einen wichtigen Teil des Angebots von info-workcare.ch dar.
Aber von welchen Informationen ist denn überhaupt die Rede? Finanzielle und rechtliche Aspekte sind wichtige, grundlegende Fragen, die sich betreuende Angehörige stellen müssen. Hinsichtlich der finanziellen Seite wird info-workcare.ch auf wichtige Fragen eingehen, die bei jeder Person, unabhängig von der persönlichen Situation, auftauchen können. Wie kann man sein eigenes Einkommen bei der Pensionierung bestimmen, wenn man beschlossen hat, weniger zu arbeiten, um seinen Angehörigen zu helfen? Gibt es Finanzhilfen für betreuende Angehörige? Und über welche Mittel verfügt die betreute Person unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Situation? Werden Kosten vergütet und falls ja, von wem? Wie ist vorzugehen, um die vorgesehenen Hilfen für die betreuten Angehörigen zu erhalten? Können betreuende Angehörige Hilfe beantragen?
Auf rechtlicher Ebene stellen sich ebenfalls wichtige Fragen sowohl für die Angehörigen, die man betreut, wie auch für sich selbst. Die Gesetzgebung bezüglich Erwachsenenschutz wurde revidiert, was wichtige Neuerungen in Bezug auf die Art, wie die Angelegenheiten und die Gesundheitspflege der betreuten Angehörigen delegiert werden können, nach sich gezogen hat. Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung, gesetzliche Vertretung durch den Ehegatten, Vertretung bei medizinischen Massnahmen und die verschiedenen Arten der Beistandschaft werden auf der Website erläutert.
Häufig gehen betreuende Angehörige selbst einer Erwerbstätigkeit nach. info-workcare.ch weist auf die geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen hin, bietet aber auch alle notwendigen Informationen und Tipps zur Erarbeitung von massgeschneiderten individuellen Lösungen. Es existieren gute Praktiken, und neue Arbeitsmodelle wurden bereits in vielen Unternehmen erprobt: Hier finden betreuende Angehörige Anregungen, um ihrem Arbeitgeber Vorschläge zu unterbreiten.
Nützliche Tipps
In einem Notfall müssen rasch Mittel und Wege gefunden werden, um optimal mit der Situation umzugehen. Zusammen mit Fachleuten wurden sieben Notfallsituationen definiert. Was macht man, falls betreute Angehörige verunfallen und man am Arbeitsplatz angerufen wird? Wie organisiert man sich, wenn man darüber informiert wird, dass ein Familienmitglied verschwunden ist? Oder wie geht man mit Situationen um, in denen die Gewaltbereitschaft zunimmt? Für jede der sieben Notfallsituationen gibt es eine kurze Liste mit Tipps zum weiteren Vorgehen. Den vorgeschlagenen Vorgehensweisen gemeinsam ist die Art, wie die Situation am Arbeitsplatz gehandhabt werden soll: Denn bei info-workcare.ch steht die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Care-Arbeit im Fokus.
Über Notfallsituationen hinaus gilt es auch, Wege zu finden, um sich bei der Arbeit wie zu Hause zu organisieren. Für die Situation am Arbeitsplatz werden vier Schritte vorgeschlagen, und in drei Kapiteln werden Tipps für die Situation zu Hause geliefert. Die Informationen sind zeitlich strukturiert. Nach dem Notfall müssen die betreuenden Angehörigen die Angelegenheiten nach und nach organisieren und auch an die – nahe und ferne – Zukunft denken.
Im Internet müssen die veröffentlichten Texte jeweils so kurz wie möglich gehalten werden. Das Lesen am Bildschirm ist nicht so einfach wie auf Papier. Deshalb werden einige Themen in Merkblättern im PDF-Format vertieft behandelt. Diese Dateien lassen sich herunterladen, ausdrucken und in Ruhe «offline» lesen.
Noch mehr Inhalte!
Die künftige Website wird noch viele weitere Informationen, Dienstleistungen und Tipps umfassen. Travail.Suisse hat bereits über 1100 Adressen zusammengetragen und geprüft, und die Erhebung geht weiter. Über den Aufbau und die Auswahlkriterien der Adressen werden wir in einem nächsten Artikel des Medienservices informieren.
Für die Sensibilisierung gibt es ausserdem Videos von Personen, die von der Thematik betroffen sind. Diese Videos wurden in drei Landessprachen gedreht und sollen das Bewusstsein wecken, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung eines Tages mit der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Care-Arbeit konfrontiert sein wird. Denn wir sind alle Tochter oder Sohn, Schwiegertochter oder Schwiegersohn, Nichte oder Neffe.