Heute beschliesst der Nationalrat über die gesetzliche Grundlage von Observationen von Versicherten. Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden ist klar, dass Versicherungsbetrug geahndet werden soll. Observationen sind aber ein äussert starker Eingriff in die Grundrechte der Versicherten und deshalb nur unter strengen Voraussetzungen anzuwenden.
Der vorliegende Gesetzesentwurf schiesst zu weit über das Ziel hinaus und gibt privaten Versicherern weitergehende Observationsbefugnisse als den Strafverfolgungsbehörden oder dem Nachrichtendienst. Das ist bedenklich und unverhältnismässig. Die Vorlage ist deshalb zurückzuweisen und die Hürden für umfassende Observationen sind zu erhöhen. Travail.Suisse fordert insbesondere, dass dafür eine richterliche Genehmigung vorhanden sein muss.
Viel zu tiefe Hürden für eine Observation
Travail.Suisse vermisst bei der Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten die notwendige Sorgfalt. Der Rechtsstaat und seine Prinzipien, der Schutz der Privatsphäre sowie der Schutz vor Willkür stellen für die ganze Bevölkerung ein unbezahlbares Gut dar. Auch bei der Bekämpfung des Versicherungsmissbrauchs sind diese Prinzipien anzuwenden. Das ist bei der vorliegenden Vorlage nicht der Fall. Die Hürden für Observationen werden mit dem Gesetzesentwurf zu tief angesetzt. Störend ist insbesondere, dass für die Überwachung keine richterliche Genehmigung erforderlich ist. Damit erhalten Versicherungen, also zum Teil private Organisationen, weitergehende Befugnisse als die Behörden in der Strafverfolgung oder im Nachrichtendienst. Nur durch eine richterliche Genehmigung kann gewährleistet werden, dass ein konkreter und klar benennbarer Anfangsverdacht für eine Observation bestehen muss. Damit die Massnahmen verhältnismässig bleiben, müssen im Gesetz die Anforderungen an eine unabhängige Überprüfung und die Voraussetzungen für eine Observation strenger geregelt werden. Hinzu kommt, dass neu auch frei einsehbare private Räume wie Balkone, Gärten oder Wohnzimmer, observiert werden können – dafür sind auch technische Hilfsmittel wie etwa Drohnen erlaubt. Aus Sicht von Travail.Suisse schiessen diese Massnahmen weit über das Ziel hinaus. Die Vorlage muss deshalb überarbeitet werden. Mit der Rückweisung kann der zu weit gehende Eingriff in die Grundrechte noch einmal diskutiert werden. Andernfalls sind Referendumsüberlegungen nötig.
Weitere Informationen:
Adrian Wüthrich, Präsident Travail.Suisse, Mobile: 079 287 04 93