Die heute vom Bundesrat vorgestellte eingliederungsorientierte Rentenrevision ist gut gemeint, aber realitätsfern. Die über 15’000 Vollzeitstellen, welche für die Wiedereingliederung heutiger Rentenbezüger/innen geschaffen werden müssten, fehlen. Sie können nur mit einer Verpflichtung der Arbeitgeberseite, Jobs für heutige IV-Bezüger/innen anzubieten, entstehen. Wer keine oder zuwenig Behinderte anstellt, soll eine zweckgebundene Abgabe zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen für Behinderte leisten.
Die Zahlen im benachbarten Ausland zeigen, dass mit verpflichtenden Elementen auf Arbeitgeberseite Wiedereingliederungen erst ermöglicht werden. Die Schweiz ist bei der Eingliederung von Personen mit einer Behinderung international gesehen im Rückstand. Der Anteil der Behinderten am Total der Arbeitnehmenden beträgt nicht einmal ein Prozent. In unseren Nachbarländern Frankreich und Deutschland sind es hingegen rund 4 Prozent. Kein Wunder: In diesen Ländern besteht für Arbeitgeber eine Pflicht, Behinderte zu beschäftigen. Travail.Suisse fordert für die Schweiz ebenfalls eine solche Verpflichtung. Angestrebt werden soll ein Anteil von 2.5 Prozent leistungsbeeinträchtigter Personen an der Belegschaft.
Zweckgebundene Abgabe zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Behinderte
Wer keine oder zuwenig Behinderte beschäftigen kann oder will, soll eine zweckgebundene Abgabe entrichten müssen. Diese kann nach Betriebsgrösse abgestuft sein. Die Einnahmen aus der Abgabe müssen von der IV-Stelle zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Personen mit einer Behinderung verwendet werden.
Sozialfirmen als prüfenswertes Modell für die Zukunft
Neben verpflichtenden Elementen braucht es für eine verstärkte Wiedereingliederung auch neue Ansätze. Für Travail.Suisse stellt die Weiterentwicklung von Sozialfirmen ein Modell der Zukunft dar, das im Rahmen der 6. IV-Revision ernsthaft geprüft werden muss. Mit der zweckgebundenen Abgabe könnten IV-Stellen vermehrt den Aufbau und Betrieb von Sozialfirmen mitfinanzieren. Diese haben ein grosses Entwicklungspotenzial.
Alternativen zur unbedingten und direkten Wiedereingliederung ausbauen
Sozialfirmen sind eine Alternative zur direkten und unbedingten Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Denn die Erfahrung und diverse Studien zeigen: Der direkte Schritt zurück in den Arbeitsmarkt nach längerer Abwesenheit ist die Ausnahme. Sozialfirmen schaffen Nischenarbeitsplätze für Behinderte, indem sie marktgerechte Produkte und Dienstleistungen anbieten. Wer es schafft, kann nach einer gewissen Zeit in den ersten Arbeitsmarkt wechseln. Aber auch die dauerhafte Beschäftigung in einer Sozialfirma ist für Travail.Suisse für die soziale Integration zuträglicher als der Ausschluss aus dem Erwerbsleben.