Nationalratskommission folgt den Sozialpartnern in der BVG-Reform
Kurz vor der Sommerpause hat die zuständige Kommission des Nationalrats ihre Beratung zur Reform der beruflichen Vorsorge aufgenommen. Die Vorlage des Bundesrates, die dabei auf dem Tisch liegt, basiert auf dem Sozialpartnerkompromiss, den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände gemeinsam erarbeitet haben. Die Kompromisspartner begrüssen die Bereitschaft der Kommission, dem Vorschlag in weiten Teilen zu folgen. Einzelne vorgeschlagene Änderungen gefährden die Mehrheitsfähigkeit hingegen unnötig.
Den Mitgliedern der sozialpolitischen Kommission des Nationalrats dürfte gehörig der Kopf geraucht haben – das kennen die Sozialpartner aus eigener Erfahrung. In zähen Verhandlungen haben sie 2018/2019 unter dem Titel «Sozialpartnerkompromiss» eine Vorlage zur Reform der zweiten Säule erarbeitet. Nachdem der Bundesrat den Kompromiss Ende 2020 übernommen und als «BVG 21» in die Räte geschickt hatte, nahm die sozialpolitische Kommission diese Woche ihre Beratung dazu auf.
Inhaltlich zielt die Vorlage darauf ab, den Mindestumwandlungssatz im BVG von heute 6.8 auf neu 6.0 Prozent zu reduzieren und die zweite Säule gleichzeitig an die Realitäten im Arbeitsmarkt anzupassen. Dabei soll vor allem die Altersvorsorge bei Teilzeitanstellungen und in Niedriglohnbranchen gestärkt werden, was insbesondere vielen Frauen zugutekommt. Als eigentliches Herzstück der Vorlage sieht der Kompromiss einen Rentenzuschlag vor, der die Leistungen trotz Reduktion des Umwandlungssatzes garantiert und gleichzeitig bestehende Vorsorgelücken verringert.
Wie die Kommission mitgeteilt hat, will sie – gleich wie der Bundesrat – dem Vorschlag der Sozialpartner in weiten Teilen folgen. Dies hat sie im Sinne eines Grundsatzentscheides beschlossen, auch wenn die Beratungen nach der Sommerpause fortgeführt werden. Die Sozialpartner begrüssen diesen Entscheid und sehen sich damit in ihren Vorarbeiten bestätigt. Während alternative Modelle die Leistungen nur teilweise und nur innerhalb des BVG-Obligatoriums garantieren, gibt der Sozialpartnerkompromiss eine umfassende Antwort auf die aktuellen Herausforderungen in der zweiten Säule.
Einzelne vorgeschlagene Änderungen der Kommission sehen die Sozialpartner hingegen kritisch: So soll beispielsweise der Sparprozess, der heute vom 25. bis zum 64./65. Altersjahr dauert, neu offenbar bereits mit 21 Jahren starten. Mit dieser Änderung wird aber nicht nur in ein in sich schlüssiges Leistungsmodell eingegriffen, sondern die Vorlage insbesondere für KMU erheblich verteuert. Denn gerade gewerbliche Betriebe weisen häufig eine vergleichsweise jüngere Belegschaft auf. Mit dem Kommissionsvorschlag würde die finanzielle Belastung sowohl für die Arbeitnehmenden als auch für die Arbeitgeber gerade hier überproportional steigen. Verbesserungen wären aber frühestens in 40 Jahren spürbar.
Gleichzeitig will die Kommission gemäss Mitteilung auch umfassendere Einkaufs- und steuerliche Abzugsmöglichkeiten für die Altersvorsorge zulassen – was zu grösseren Steuerausfällen führen würde. In diesen beiden Punkten begibt sich die Kommission auf eine unnötige Gratwanderung, welche die Mehrheitsfähigkeit der Vorlage gefährdet. Die Sozialpartner rufen die Kommission deshalb dazu auf, sich gleich wie sie selbst am gemeinsamen Ziel zu orientieren: eine schlanke Reform der zweiten Säule, die möglichst breit abgestützt und mehrheitsfähig ist.