Heute hat der Bundesrat beschlossen, den Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge für 2017 auf 1 Prozent zu senken. Damit liefern die Anlagerenditen der Pensionskassen einen immer kleineren Beitrag zum angesparten Alterskapital der zweiten Säule. Der sogenannt dritte Beitragszahler steht kurz vor dem Ausfall. Angesichts dieser Situation erachtet es Travail.Suisse, die unabhängige Dachorganisation der Arbeitnehmenden, als unabdingbar, dass das Parlament bei der Reform der Altersvorsorge einen Teil der Ausgleichsmassnahmen, mit denen das Rentenniveau erhalten werden soll, über die AHV und nicht über das BVG realisiert.
Der Mindestzinssatz legt fest, zu welchem Zinssatz die Pensionskassen das gesetzliche Altersguthaben der versicherten Arbeitnehmenden verzinsen müssen. Wegen der weiterhin anhaltenden Zinsbaisse hat der Bundesrat heute beschlossen, den Mindestzinssatz weiter zu senken. 2017 soll er noch 1 Prozent betragen. Das ist nach den vom Nationalrat beschlossenen Leistungskürzungen im Rahmen der Altersreform eine weitere Hiobsbotschaft für die Versicherten. Travail.Suisse hatte sich im Rahmen der Sozialpartnerkonsultation und im Rahmen der BVG-Kommission für eine Beibehaltung des aktuellen Zinssatzes von 1.25 Prozent stark gemacht. Ein Viertelprozentpunkt macht bei verwalteten Vermögen von rund 800 Milliarden Franken rund 2 Milliarden Franken aus, welche für die späteren Renten der Arbeitnehmenden mehr oder weniger zur Verfügung stehen.
Travail.Suisse hat sich auch dafür stark gemacht, dass der Mindestzinssatz neu erst gegen Ende des laufenden Versicherungsjahres festgesetzt wird. So würde der Mindestzinssatz 2017 erst im Herbst 2017 festgelegt. Beim gegenwärtig stark volatilen Umfeld ist eine Festsetzung 15 Monate im Voraus, wie sie heute praktiziert wird, für die Versicherten sehr schwer nachvollziehbar. So wird eine tiefe Verzinsung auf Vorrat von den Versicherten nicht verstanden. Eine Festlegung des Mindestzinssatzes in Kenntnis des grössten Teils des Anlagejahres und sich an den realen Begebenheiten des Anlagemarkts orientierend stärkt hingegen das Verständnis und das Vertrauen der Versicherten. Travail.Suisse fordert den Bundesrat deshalb mit Nachdruck auf, einen Systemwechsel an die Hand zu nehmen.
Da die aktuell dem BVG-Mindestzinssatz zugrunde gelegte Formel sich stark am gleitenden Durchschnitt der Bundesobligationen orientiert und dieser Durchschnitt laufend weiter sinkt, wird der Mindestzinssatz in den nächsten Jahren ebenfalls weiter sinken. Immobilien und Aktien, welche inzwischen einen grossen Teil der Anlagen der Pensionskassen ausmachen, werden nicht berücksichtigt. Mit einem gegen Null strebenden Mindestzinssatz ist die zweite Säule daran, sich selbst abzuschaffen. Deshalb muss auch die dem Mindestzinssatz zugrunde gelegte Formel überprüft werden.
Angesichts des Ausfalls des sogenannt dritten Beitragszahlers tut das Parlament gut daran, bei der aktuellen Rentenreform nicht nur auf die berufliche Vorsorge zu setzen. Eine teilweise Kompensation der Rentenverluste in der zweiten Säule (Senkung des Mindestumwandlungssatzes) durch eine Aufstockung der AHV, wie sie der Ständerat vorschlägt, scheint unter diesen Umständen auch ökonomisch die beste Lösung. Dafür wird sich Travail.Suisse im Interesse der Arbeitnehmenden stark machen.
Weitere Informationen:
Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik, 079 777 24 69