Die Analyse der Gewinne der Lebensversicherungsgesellschaften in der beruflichen Vorsorge zeigt: Jährlich schöpfen die gewinnorientierten Lebensversicherer rund 600 Mio. CHF aus dieser Sozialversicherung ab. Selbst wenn man eine Gewinnorientierung in einer Sozialversicherung akzeptiert, sind diese garantierten Gewinne viel zu hoch. Sie widersprechen der Absicht des Parlaments, welches die Gewinne mit der Mindestquoten-Regelung („Legal quote“) klar begrenzen wollte. Die Gewinne werden hauptsächlich durch stark überhöhte Prämien für Invalidität und Todesfall genährt.
Die Analyse der Geschäftstätigkeit der Lebensversicherer in der zweiten Säule zeigt, dass die Lebensversicherer seit der Einführung der Mindestquoten-Regelung (2005) in einem normalen Jahr rund 600 Mio. CHF an Gewinnen aus der 2. Säule abgeschöpft haben. Mit diesen Geldern aus der Sozialversicherung „Berufliche Vorsorge“ werden die Aktionäre und das Management der Lebensversicherungsgesellschaften bedient. Selbst im Krisenjahr 2008 schrieben viele Lebensversicherer Gewinne. Der in den Durchschnittszahlen ausgewiesene Verlust von 2008 ist einzig und allein auf Fehlspekulationen von Swiss Life zurückzuführen. Selbst wenn man die Tätigkeit von gewinnorientierten Versicherungsgesellschaften in der Sozialversicherung „Berufliche Vorsorge“ toleriert, sind diese durch die Mindestquoten-Regelung („Legal quote“) garantierten Gewinne der Lebensversicherer stark überhöht. Die Lebensversicherer entnehmen damit der 2. Säule weit mehr Mittel, als ihnen vom Parlament ursprünglich zugedacht waren.
Falsche Definition von „Überschuss“
Ziel der Einführung der Mindestquoten-Regelung („Legal quote“) durch das Parlament war eine Gewinnbegrenzung für die in der 2. Säule tätigen Lebensversicherer. Deshalb wurde im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) festgelegt, dass mindestens 90 Prozent der „Überschüsse“ aus dem Geschäft der zweiten Säule den versicherten Arbeitnehmenden zu Gute kommen sollen. Maximal 10 Prozent der Überschüsse sollen von den Versicherungsgesellschaften als Gewinn einbehalten werden können. Der Begriff „Überschuss“ wurde gesetzlich nicht klar definiert. Den Wortprotokollen des Parlamentes ist aber zu entnehmen, dass damit klar die auch im landläufigen Sinne verwendete Definition „Überschuss = Ertrag minus Aufwand“ gemeint war. In die Verordnung, welche die Basis der Berechnung der Mindestquoten bildet, hielt jedoch eine andere Definition Eingang: Der Begriff „Überschuss“ wurde hier plötzlich mit den gesamten Erträgen gleichgesetzt.
600 Mio. Franken statt 200 Millionen jährlich
Demzufolge konnten sich die Lebensversicherer mit maximal 10 Prozent an den Erträgen bedienen. Durch diese Neudefinition des Begriffs „Überschuss“ resultierten jährlich dreimal so hohe Gewinne als dies durch die ursprünglich vom Parlament vorgesehene Überschussregelung der Fall gewesen wäre. Die Lebensversicherer entnahmen der zweiten Säule jährlich anstatt rund 200 Mio. Franken rund 600 Mio. Franken. Seit 2005 sind damit über 2 Mrd. CHF mehr an die Lebensversicherer geflossen als vorgesehen.
Vergleich der Gewinnausschüttungen an Lebensversicherer mit heutiger Bruttomethode und mit Nettomethode ( siehe Tabelle im Anhang)
Überhöhte Risikoprämien
Die Analyse zeigt, dass die jährlich 600 Mio. CHF Gewinne der Lebensversicherer vor allem durch überhöhte Prämien für die Risiken Invalidität und Todesfall ermöglicht werden. Im Normallfall müssten die eingenommenen Prämien über mehrere Jahre gerechnet ungefähr den Aufwendungen für die Renten bei Tod und Invalidität entsprechen. Zusätzlich kann eine gewisse Reserve für Rückstellungen akzeptiert werden. Die eingenommenen Prämien (Risikoertrag für die Lebensversicherungsgesellschaft) für Todesfall- und Invaliditätsleistungen sind jedoch in der Regel doppelt so hoch wie die effektiv ausbezahlten Renten wegen Todesfall oder wegen Invalidität.
Stabile Gewinnquelle ohne unternehmerisches Risiko
Auch in Krisenjahren lässt sich mit überhöhten Risikoprämien gutes Geld verdienen bzw. die Verluste begrenzen (z.B. 2008). Damit dienen die Risikoprämien als stabile Gewinnquelle ohne unternehmerisches Risiko für die Lebensversicherungsgesellschaften. In den letzten Jahren ist die Zahl der Invaliditätsfälle (4. und 5. IV-Revision) deutlich zurückgegangen. Verschiedene Lebensversicherer haben aber die Prämien für Invalidität nicht oder nur unwesentlich reduziert. Die Finma, welche den Auftrag hat, missbräuchliche Prämien zu verhindern, hat bis jetzt die überhöhten Risikoprämien der Lebensversicherer geduldet.