Die Flexibilität des Arbeitsmarktes und die guten Leistungen einer solid finanzierten Arbeitslosenversicherung stellen ein sorgfältig austariertes Gleichgewicht dar. Die 4. AVIG-Revision zerstört dieses Gleichgewicht durch einen mutwilligen Leistungsabbau und die Gefährdung der finanziellen Sicherheit. Dazu kommt, dass ein grosser Teil der vermeintlich erzielten Einsparungen als Kosten bei den Kantonen und Gemeinden anfallen. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband von 170‘000 Arbeitnehmenden, lehnt die 4. AVIG-Revision deshalb entschieden ab.
Im Sommer 2010 betragen die Schulden der Arbeitslosenversicherung rund 7 Milliarden Franken. Aufgrund der anhaltenden und nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit werden sie zudem bis Ende Jahr weiter steigen.
Unseriöser Schuldenabbau
Schulden sind an und für sich nichts Aussergewöhnliches für die Arbeitslosenversicherung. Die abwechselnde Verschuldung in der Krise und Entschuldung in wirtschaftlich guten Jahren gehören zur Natur einer solchen „Krisenversicherung“. Umso wichtiger ist, dass die Arbeitslosenversicherung ihre Schulden nach einer Krise seriös abbauen kann. Das Finanzierungsmodell der 4. Revision verfehlt dieses Ziel bei weitem. Der Schuldenabbau – vorgesehen sind 18 Jahre – dauert viel zu lange.
Kommt hinzu, dass bei der 4. AVIG-Revision ein grosser Teil der Einsparungen aus einer reinen Verschiebung der Kosten resultiert. Wenn die Leistungen der Arbeitslosenversicherung abgebaut werden, dann müssen mehr Menschen Sozialhilfe beziehen. Dieser Effekt kostet die Sozialhilfe gemäss den neusten Zahlen der kantonalen Sozialdirektorenkonferenz (SODK) bis zu 236 Millionen Franken jährlich. Ein grosser Teil der durch die 4. AVIG-Revision erzielten Einsparungen fällt direkt als Kosten bei den Kantonen und Gemeinden wieder an.
Das Märchen der soliden Finanzierung – und das bereits zum zweiten Mal
Die 4. AVIG-Revision stellt also keine solide Finanzierung dar – so wie das zum Beispiel von Bundespräsidentin Leuthard gerne dargestellt wird. Bereits im Abstimmungskampf um die 3. AVIG-Revision im Jahr 2002 hat der Bundesrat so argumentiert. Das Ergebnis dieser „soliden und konjunkturresistenten“ Finanzierung von 2002 kennen wir: Es sind die heutigen 7 Milliarden Franken Schulden und der Leistungsabbau der 4. AVIG-Revision. Auch die Tatsache, dass ein grosser Teil der Einsparungen aus einer reinen Verschiebung der Kosten auf die Kantone und Gemeinden resultiert, hat nichts zu tun mit einer soliden und seriösen Finanzierung.
Deshalb haben Travail.Suisse und die angeschlossenen Verbände über 40’000 Unterschriften gesammelt und werden sich auch im Abstimmungskampf engagiert gegen die 4. AVIG-Revision einsetzen.