Die AHV als das grösste Sozialwerk in der Schweiz ist ein generationenübergreifendes Projekt. Es zeigt, wie Alt und Jung aufeinander angewiesen sind, und ist wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die AHV setzt auf das Umlageverfahren. Die Erwerbstätigen und die Arbeitgeber zahlen auf dem Lohn Beiträge. Diese werden verwendet, um den Pensionierten die AHV-Renten zu bezahlen. Damit beruht die AHV auf einem Generationenvertrag: Diejenigen, die heute zahlen, dürfen davon ausgehen, dass sie selber als Rentnerin oder Rentner von der nachfolgenden Generation ihre Rente finanziert bekommen.
Vielfältige Abhängigkeiten von Alt und Jung
Ist dieser Generationenvertrag noch zeitgemäss? Einige Junge äussern Zweifel, ob sie hier nicht einseitig rackern müssen, um die „Alten“ durchzufüttern. Diese Sichtweise verkennt, dass Alt und Jung in vielfältiger Weise aufeinander angewiesen sind. So leisten Pensionierte mit Betreuungs- und Freiwilligenarbeit einen grossen Beitrag, damit die Erwerbstätigen überhaupt so viele AHV-Beiträge erwirtschaften können. Gerade wer Kinder hat, weiss die unzähligen Kinderbetreuungsstunden, welche Grosseltern auch zugunsten erwerbstätiger Eltern leisten, zu schätzen. Auch weitere Freiwilligenleistungen der Pensionierten kämen die Erwerbstätigen teuer zu stehen, müssten sie diese bezahlen oder selber erbringen. So z.B. die Begleitung von Betagten oder Behinderten. Und nicht zuletzt fliesst via Erbschaften und Schenkungen viel Geld von der älteren zur erwerbstätigen Generation.
AHV fördert gesellschaftlichen Zusammenhalt
Die AHV hat nach wie grossen Rückhalt in der Bevölkerung. Dies völlig zu Recht. Sie ist finanziell stabil und wird es mit vernünftigen Umbauschritten auch in Zeiten der demografischen Alterung bleiben. Sie ist einfach aufgebaut und verständlich. Und die AHV ist eben mehr, als „nur“ die Altersvorsorge. Sie ist auch ein Werk, das für gelebte Solidarität und damit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt steht. Ein wichtiges Solidaritätsinstrument dabei ist, dass auch Spitzenverdiener auf ihrem ganzen Einkommen Beiträge bezahlen, jedoch maximal das Doppelte einer minimalen AHV-Rente bekommen werden. Damit wird für eine gewisse Umverteilung von Reich zu Arm gesorgt. Das ist notwendiger denn je, wenn man sieht, dass die Geldströme in letzter Zeit eher von Arm zu Reich fliessen und für die Reichen überall Steuererleichterungen gewährt werden.
Heilige Kuh
Die AHV ist nach wie vor „eine heilige Kuh“. Und das ist gut so. Die jüngste Umfrage von Vimentis, einer unabhängigen Diskussionsplattform für die Bevölkerung, zeigt denn auch: Die Kürzung der AHV-Renten ist für über 80 Prozent der Befragten tabu. Auch die Erhöhung des Rentenalters wird von einer Mehrheit abgelehnt. Hingegen ist die Bereitschaft, der AHV zu mehr Beiträgen zu verhelfen, grösser. Kurz: Eine heilige Kuh soll man nicht schlachten und auch nicht melken. Vielmehr muss ihr Sorge getragen werden. Dazu gehört auch, dass vermehrt innerhalb der gleichen Generation Solidarität gelebt werden muss. Es ist zu akzeptieren, dass nicht alle gleich lang arbeiten können. Wer harte körperliche Arbeit ausübt oder auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt ist, soll sich unter anständigen Bedingungen flexibel pensionieren lassen können.
Sorge tragen
Sorge tragen zur AHV heisst auch Sorge tragen zu unseren Erwerbstätigen. Wir müssen uns generell für Arbeitsbedingungen einsetzen, die es überhaupt erlauben, bis zum regulären AHV-Alter arbeiten zu können. Und wir müssen der Angstmacherei um die Finanzierung der AHV entschieden gegenübertreten. Diese wird von denjenigen betrieben, welche die Generationensolidarität untergraben und den Egoismus fördern wollen. Es war schon immer so, dass proportional weniger Erwerbstätige mehr Rentnerinnen und Rentner finanzieren mussten. Entscheidend für die immer noch gesunde AHV sind aber die gesteigerte Produktivität der Arbeitnehmenden und damit die höheren AHV-Beiträge. Sorge tragen zur AHV lohnt sich. Denn wie gesagt: Die AHV hat in der Schweiz eine staatstragende Funktion. Sie gibt Sicherheit und fördert den Zusammenhalt. Oder wie jemand an einer Sitzung kürzlich gesagt hat: „ Was für die Bevölkerung früher die Armee war, ist heute die AHV.“ Diese AHV wird dieses Jahr 64. Zum alten Eisen oder gar pensioniert gehört sie aber noch lange nicht.