Die AHV hält sich trotz der weithin betriebenen Schwarzmalerei der bürgerli-chen Parteien sehr gut. Ihre Finanzierung ist auch ohne Leistungskürzungen tragbar. Anstatt reflexartig das Damokles-Schwert des AHV-Bankrotts herbei-zureden, sollten Bundesrat und Parlament nun endlich über Finanzierungsvor-schläge ohne Leistungsabbau nachdenken. Dazu gehört der von Travail.Suisse vorgeschlagene Finanzierungs-Automatismus.
Der demografische Druck auf die Altersvorsorge ist in der Schweiz weit weniger gross als im Ausland. Dies weil in der Schweiz die Zahl der Erwerbstätigen auch in Zukunft leicht steigt oder zumindest stabil bleibt. Finanzieller Mehrbedarf entsteht vorübergehend, weil zwischen 2020 und 2040 die geburtenstarken Jahrgänge (Baby-Boomer) ins Rentenalter kommen. Die neuen Finanzierungsperspektiven zur AHV zeigen es nun auch: Die AHV ist gesund und auf solidem Fundament. Die möglicherweise in 15 bis 20 Jahren benötigten Mittel sind moderat, volkswirtschaftlich unbedenklich und tangieren die Lebensqualität der Bevölkerung nicht.
Das Ende der Schwarzmalerei
Nach Jahren der Schwarzmalerei auf bürgerlicher Seite muss es jetzt darum gehen, die Diskussion zu versachlichen. Die politische Blockade ist dadurch entstanden, dass der Bundesrat und das Parlament an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei politisierte. Die Bevölkerung will keine Kürzung der AHV-Renten und keine Erhöhung des Rentenalters. Das hat sie bei verschiedener Gelegenheit gezeigt. Die Leistungen der AHV sind so tief, dass sie nicht gekürzt werden können. Und nur weil die ältere Bevölkerung zahlreicher wird, wird sie nicht automatisch mit weniger Leistungen auskommen können. Die Bevölkerung wird demzufolge auch bereit sein, eine moderate und vorübergehende zusätzliche Finanzierung mitzutragen. Dies wird die Lebensqualität der Bevölkerung viel weniger tangieren als Kürzungen der Leistungen.
Keine Schuldenbremse…
Wirtschaftsverbände und FDP wollen für die AHV eine Schuldenbremse einführen. Darin zeigt sich eine sehr technizistische Sicht auf das wichtigste Sozialwerk der Schweiz. Die häufig gemachte Analogie mit der Schuldenbremse bei der öffentlichen Hand funktioniert nicht. Bei der AHV sind die meisten Ausgaben gebundener Natur. Personen im Rentenalter können nicht einfach ihr Verhalten ändern oder anderweitige Einkommen generieren, wenn z.B. die AHV-Rente sinkt. Einfach von den gegebenen Gesamtfinanzen der AHV auszugehen und dann entsprechend den Leistungshahn zuzudrehen, ist ein verkehrtes Vorgehen. Man wird in Zukunft nicht darum herum kommen, gesellschaftlich zu definieren, welche Leistungen es im Alter braucht und dann entsprechend die Finanzierung auszugestalten.
… dafür Fiskalregel zur Finanzierung
Statt Schwarzmalerei sind nun konkrete Finanzierungsvorschläge gefragt. Travail.Suisse schlägt diesbezüglich eine Fiskalregel vor, welche die künftigen AHV-Leistungen über den demografischen Buckel hinweg mit einem Automatismus sichert. Somit muss im Voraus in der Verfassung festgelegt werden, in welchen Fällen die AHV vorübergehend Zusatzeinnahmen erhalten soll. Wichtig ist dabei, dass sich allfällige Zusatzeinnahmen auf die tatsächliche Entwicklung stützen und nicht auf unsichere Prognosen. Allfällig notwendige Zusatzeinnahmen sollen deshalb vom Stand des AHV-Fonds (Vermögen der AHV) abhängig gemacht werden. Dieser widerspiegelt nicht nur die demografische Entwicklung, sondern auch die Wirtschaftsentwicklung und die Entwicklung der Finanzmärkte. Zudem ist der Fondsstand entscheidend für die Auszahlung der Renten.
Finanzierungs-Automatismus schafft Verlässlichkeit
Der Automatismus sorgt dafür, dass bei einem Absinken des Fondsstandes der AHV unter bestimmte Schwellwerte (z.B. beginnend bei 50 Prozent einer Jahresausgabe) automatisch zusätzliche Einnahmen (z.B. Mehrwertsteuerprozente, Lohnprozente) für die AHV erhoben werden. Zudem muss ein Mindestwert definiert werden, unter welchen der AHV-Fonds nicht fallen darf, da sonst die Rentenzahlungen nicht mehr gewährleistet sind. Bei Erreichung dieses Mindestwertes sollen automatisch zusätzliche Einnahmen anfallen, so dass der Mindestwert dauerhaft überschritten wird. Mit der Verankerung eines Finanzierungsautomatismus wäre das viel beschworene Damoklesschwert des AHV-Bankrotts beseitigt. Die Lage der AHV könnte nicht mehr je nach politischer Absicht dramatisiert oder bagatellisiert werden.
Anderweitige Massnahmen weiterhin möglich
Es liegt dann am Bundesrat und am Parlament, auf der Grundlage dieser Grundabsicherung weitere Massnahmen zu ergreifen, die ein Sinken des AHV-Fonds unter die definierten Schwellwerte verhindern oder verzögern. Stossen vorgeschlagene Massnahmen bei der Bevölkerung auf Akzeptanz, kann auf eine automatische Erhebung zusätzlicher Einnahmen verzichtet werden. Beurteilt die Bevölkerung hingegen vorgeschlagene Massnahmen, z.B. im Rahmen eines Referendums, als nicht akzeptabel und lehnt diese ab, tritt früher oder später eine Einnahmenerhöhung automatisch in Kraft. Damit hätte die Ablehnung einer vorgeschlagenen Massnahme einen klar bezifferten Preis in Form z.B. einer automatischen Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Lohnbeiträge.
Bedürfnisgerechte Politik im Zentrum
Somit kann die Bevölkerung bei drohendem Absinken des AHV-Vermögens jedes Mal entscheiden, ob sie Leistungskürzungen, allfällige spezifische Zusatzeinnahmen oder eben z.B. eine automatische Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Lohnbeiträge gu-theissen will. Ein solches Vorgehen ist aus demokratiepolitischer Sicht wünschenswert. Die Politik würde damit gezwungen, sich nach den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten. Die bisher herrschende politische Blockade im Bereich der AHV könnte besser überwunden werden als mit der momentan dominierenden Ideologiedebatte.