In der Herbstsession wird entschieden, wohin es mit der AHV geht. Einem Ab-bau von Leistungen im Umfang von rund 1 Milliarde Franken steht bis jetzt kein genügender Fortschritt gegenüber. Nebst der Erhöhung des Frauenrenten-alters beinhaltet die Vorlage eine Regelung, welche die Anpassung der Renten an die Teuerung gefährdet und damit einen Kaufkraftverlust der AHV-Rentnerinnen und –rentner in Kauf nimmt. Gleichzeitig wurde verpasst, ein flexibles Rentenalter für alle zu ermöglichen. Travail.Suisse wehrt sich gegen diesen Abbau. Soll die 11. AHV-Revision eine Chance haben, braucht es einen substanziellen sozialen Ausgleich beim flexiblen Rentenalter.
Die Bevölkerung will keinen einseitigen Leistungsabbau in der Altersvorsorge. Das hat sich mehrmals gezeigt, zuletzt bei der Abstimmung über den BVG-Umwandlungssatz. Trotzdem ist das Parlament daran, im Rahmen der 11. AHV-Revision ein weiteres Ab-baupaket zu schnüren. Kein Wunder ist die Situation seit Jahren blockiert. Travail.Suisse macht sich für den Grundsatz „Umbau statt Abbau“ in der AHV stark. Der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden kann deshalb eine Erhöhung des Frauenrentenalters nur annehmen, wenn im Gegenzug ein flexibles Rentenalter für alle eingeführt wird. Das bedeutet nebst der Einführung von Anreizen zum länger Arbeiten auch, dass Personen mit bescheidenen Einkommen ermöglicht wird, sich bei gesundheitlichen Problemen oder Problemen auf dem Arbeitsmarkt frühzeitig unter vertretbaren Bedingungen pensionieren zu lassen.
Heute gehen vor allem Gutverdienende frühzeitig
Das ist heute nicht der Fall: Wer gut verdient hat und über eine gut dotierte zweite Säule verfügt, kann sich frühpensionieren lassen. Wer schlecht verdient, kann die Rentenkürzung bei einem Rentenvorbezug hingegen nicht verkraften und muss ausharren. Damit wird der Tatsache, dass viele ältere Arbeitnehmende mit bescheidenen Einkommen heute entweder gar keine Arbeitsstelle mehr finden oder gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, verkannt. Travail.Suisse hat deshalb im Rahmen der 11. AHV-Revision Modelle eingebracht, welche für Personen mit bescheidenen Einkommen bei Rentenvorbezug eine geringere als die versicherungstechnische Rentenkürzung vorsehen. Eingesetzt werden dafür sollen die Mittel, welche durch die Erhöhung des Rentenalters der Frauen frei werden (700 bis 800 Millionen Franken).
Bisher nur „Zückerchen“
Mit einem Zückerchen wurde nun versucht, die 11. AHV-Revision zu retten: Der Ständerat hat 400 Millionen Franken für den sozialen Ausgleich beim flexiblen Rentenalter vorgesehen. Mit diesem Betrag wird es allerdings kaum möglich sein, eine genügende Unterstützung zu gewährleisten. Ein weiterer Haken: Die Abfederung des Rentenvorbezugs soll nur befristet für zehn Jahre gelten. Damit verkommt das Modell aber zu einer Übergangslösung zur Erhöhung des Frauenrentenalters. Von einem Systemwechsel in Richtung flexibles Rentenalter für alle kann mit einer Befristung keine Rede sein. Für Travail.Suisse ist ein solches Modell zu wenig substanziell.
Verlangsamte Anpassung der Renten entwertet AHV-Renten
In der Vorlage ist vorgesehen, dass, wenn das AHV-Vermögen unter 70 Prozent einer Jahresausgabe sinkt, die Renten nur noch verzögert an die Teuerung angepasst werden. Sänke das AHV-Vermögen unter 45 Prozent, würde die Teuerungsanpassung gar ausgesetzt. Damit besteht die Gefahr, dass die AHV-Renten in Zukunft entwertet werden. Bei der heutigen Lebenserwartung der Rentnerinnen und Rentner ergäbe sich so das Risiko von massiven Kaufkraftverlusten.
Ausgewogener Umbau statt Abbau
Die AHV ist heute kerngesund. Sie schrieb 2009 ein Betriebsergebnis von beinahe plus 4 Milliarden Franken. Auch in den nächsten paar Jahren wird sie gemäss den neuesten Szenarien keine roten Zahlen schreiben. Trotzdem benehmen sich Bundesrat und Parlament so, als wäre die AHV auf der Intensivstation. Es ist zwar richtig, dass Antworten auf die demographischen Veränderungen gefunden werden müssen. Es müssen aber auch die Bedürfnisse der immer grösser werdenden Gruppe der älteren Arbeitnehmenden und der Rentnerinnen und Rentner berücksichtigt werden. Einseitiger Leistungsabbau ist keine Antwort. Es besteht die Zeit, um ausgewogene Lösungen auszuarbeiten. Travail.Suisse fordert das Parlament auf, in der aktuellen AHV-Revision solche ausgewogene Lösungen zu präsentieren oder die Revision abzubrechen. Eine sichere und gute AHV – das hat sich mehrmals gezeigt – ist der Bevölkerung etwas wert.