Die 11. AHV-Revision steht einmal mehr vor dem Scheitern. Einem Abbau von Leistungen im Umfang von rund 1 Milliarde Franken steht bis jetzt kein sub-stanzieller sozialer Ausgleich beim flexiblen Rentenalter gegenüber. Nun ver-sucht Bundesrat Burkhalter die 11. AHV-Revision zu retten. Auch sein Modell des sozialen Ausgleichs ist jedoch zuwenig substanziell und zudem nur befris-tet. Travail.Suisse fordert deshalb einen Übungsabbruch und die Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter Einbezug der Sozialpartner, welche ausgewogene Vorschläge für eine nachhaltige Sicherung der AHV macht.
Die Bevölkerung will keinen einseitigen Leistungsabbau in der Altersvorsorge. Das hat die Abstimmung zum Umwandlungssatz einmal mehr gezeigt. Trotzdem ist das Parla-ment daran, im Rahmen der 11. AHV-Revision ein weiteres Abbaupaket zu schnüren. Die Inhalte sind bis jetzt fast deckungsgleich mit der 2004 klar verworfenen ersten Auflage der 11. AHV-Revision. Die Volksvertreter scheinen nichts aus den verlorenen Abstimmungen gelernt zu haben. Kein Wunder ist die Situation seit Jahren blockiert. Travail.Suisse macht sich für den Grundsatz „Umbau statt Abbau“ in der AHV stark. Für den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden ist deshalb eine Erhöhung des Frauenrentenalters nur vertretbar, wenn im Gegenzug ein flexibles Rentenalter für alle eingeführt wird. Das bedeutet nebst der Einführung von Anreizen zum länger Arbeiten auch, dass Personen mit bescheidenen Einkommen ermöglicht wird, sich frühzeitig pensionieren zu lassen.
Vorschläge für sozialen Ausgleich bis jetzt von Parlament verworfen
Das ist heute nicht der Fall: Wer gut verdient hat und über eine gut dotierte zweite Säule verfügt, kann sich frühpensionieren lassen. Wer schlecht verdient, kann die Rentenkürzung bei einem Rentenvorbezug hingegen nicht verkraften und muss ausharren. Travail.Suisse hat deshalb im Rahmen der 11. AHV-Revision Modelle eingebracht, welche für Personen mit bescheidenen Einkommen bei Rentenvorbezug eine geringere als die versicherungstechnische Rentenkürzung vorsehen. Eingesetzt werden dafür sollen die Mittel, welche durch die Erhöhung des Rentenalters der Frauen frei werden. Bis jetzt hat sich das Parlament einem solchen dauerhaften sozialen Ausgleich verweigert. Damit verkennt es die Tatsache, dass viele ältere Arbeitnehmende mit bescheidenen Einkommen heute entweder gar keine Arbeitsstelle mehr finden oder gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, einer Erwerbsarbeit nachzugehen.
Vorschlag von Bundesrat Burkhalter ist kein Ausweg
Bundesrat Burkhalter versucht die 11. AHV-Revision zu retten, indem er ein neues Mo-dell des sozialen Ausgleichs vorschlägt. Der Rentenvorbezug soll für Einkommen vor allem zwischen 25’000 und 50’000 Franken subventioniert werden. Dafür sollen 400 Millionen Franken eingesetzt werden. Die zuständige Kommission des Ständerates hat das Modell übernommen. Der Haken: Die Abfederung des Rentenvorbezugs soll nur befristet für zehn Jahre gelten. Zudem wird nur der Vorbezug von einem Jahr substanziell abgefedert. Damit verkommt das Modell aber zu einer Übergangslösung zur Erhöhung des Frauenrentenalters. Von einem Systemwechsel in Richtung flexibles Rentenalter für alle kann mit einer Befristung keine Rede sein. Für Travail.Suisse ist ein solches Modell zuwenig substanziell. Deshalb löst auch der Vorschlag von Bundesrat Burkhalter die Blockade um die AHV nicht.
Übungsabbruch
Die AHV ist heute kerngesund. Sie schrieb 2009 ein Betriebsergebnis von beinahe plus 4 Milliarden Franken. Auch in den nächsten paar Jahren wird sie gemäss den neuesten Szenarien keine roten Zahlen schreiben. Trotzdem benehmen sich Bundesrat und Parlament so, als wäre die AHV auf der Intensivstation. Es ist zwar richtig, dass Antworten auf die demographischen Veränderungen gefunden werden müssen. Aber einseitiger Leistungsabbau ist keine Antwort. Es besteht die Zeit, um ausgewogene Lösungen auszuarbeiten. Travail.Suisse fordert das Parlament auf, die aktuelle AHV-Revision abzubrechen. Die Energie ist jetzt auf einen mehrheitsfähigen und aus-gewogenen Vorschlag zum Umbau der AHV zu verwenden. Die Leistungs- und Finanzierungsseite muss dabei gleichwertig behandelt werden. Eine sichere AHV – das hat sich mehrmals gezeigt – ist der Bevölkerung etwas wert.
Neuer Anlauf unter Einbezug der Sozialpartner
Travail.Suisse fordert den Bundesrat auf, möglichst rasch eine Arbeitsgruppe unter Ein-bezug der Sozialpartner einzusetzen, die Vorschläge für eine nachhaltige Sicherung der AHV macht. Dies unter Berücksichtigung der künftigen demographischen Veränderungen, aber auch unter Einbezug der Bedürfnisse der immer grösser werdenden Gruppe der älteren Arbeitnehmenden und der Rentnerinnen und Rentner.