Travail.Suisse steht hinter der Initiative „für ein flexibles AHV-Alter“, die morgen auf der Traktandenliste des Ständerates steht. Nachdem der Nationalrat im März jede Form des sozialen Ausgleichs abgelehnt hat, ist ein Ja zu dieser Initiative der einzige Weg, der zu einem flexiblen Rentenalter führt, das allen offen steht und den Aspekten der Fairness, der Gesundheit und des Arbeitsmarktes Rechnung trägt.
Für Travail.Suisse gibt es eine Reihe von Gründen, warum für die Arbeitnehmenden eine Flexibilisierung des Rentenalters in der AHV unabdingbar ist:
– Gerechtigkeit und Fairness: Wer ein Leben lang ein gutes Einkommen erzielt hat und deshalb auch eine gute Zweite Säule hat, kann sein Pensionierungsalter weitgehend frei wählen; Personen mit tiefen oder mittleren Einkommen hingegen müssen bis 65/64 ausharren. Diese Situation ist aus Sicht von Travail.Suisse unfair und ungerecht. Wer während seines ganzen Berufslebens mit einem tiefen oder mittleren Einkommen zurechtkommen musste, soll deswegen nicht auch noch im Alter bestraft werden. Auch diese Einkommenskategorien sollen die Chance für einen fairen Übergang ins Rentenalter bekommen.
- Gesundheit: Die Flexibilisierung des Rentenalters ist ein wichtiges Instrument, um der gesundheitlichen Situation der Arbeitnehmenden Rechnung zu tragen. Es gibt berufliche Tätigkeiten mit hoher körperlicher Beanspruchung, die zu Abnützungserscheinungen führen. Im Bausektor hat man auf diese Tatsache reagiert und die vorzeitige Pensionierung in einer branchenspezifischen Lösung verankert. In den meisten andern Sektoren der Wirtschaft sind aufgrund fehlender Sozialpartnerschaft und hoher Mobilität ähnliche Lösungen kaum möglich. Verbesserungen müssen deshalb über die AHV realisiert werden.
- Arbeitsmarkt: Die Flexibilisierung des Rentenalters stellt einen wesentlichen Beitrag für einen flexiblen Arbeitsmarkt dar. Wie die Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre zeigen, werden in Zeiten von Umstrukturierungen und Arbeitslosigkeit vor allem ältere Arbeitnehmende entlassen. Mit Blick auf die Leistungen der Arbeitslosenversicherung werden sie zwei Jahre vor der Pensionierung abgeschoben ohne Chance, überhaupt wieder eine Beschäftigung zu finden. Für die Betroffenen bedeutet dies Bitterkeit und das Gefühl am Ende der Berufskarriere definitiv nicht mehr gebraucht zu werden. Eine gezielte Flexibilisierung des Rentenalters in der AHV würde hingegen einen Beitrag für eine sozialverträgliche und faire Lösung bieten: Arbeitnehmende mit kleineren und mittleren Einkommen erhielten die Möglichkeit, in Abhängigkeit von persönlicher Gesundheit, Arbeitsmarkt und konjunktureller Situation ihren Altersrücktritt wesentlich mitbestimmen zu können.
Aus diesen Gründen ist Travail.Suisse der Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes immer positiv gegenüber gestanden. Gleichzeitig hat Travail.Suisse intensiv auf einen Gegenvorschlag im Rahmen der laufenden 11. AHV-Revision hin gearbeitet. Und lange Zeit hat es so ausgesehen, als würden sich die Vorschläge für einen sozialen Ausgleich zum flexiblen Rentenalter, die von Travail.Suisse eingebracht wurden, durchsetzen.
Mit dem Nein des Nationalrates zu jeder Form des sozialen Ausgleichs zum flexiblen Rentenalter in der 11. AHV-Revision wird die Pensionierung vor 65 als Privileg der Gutverdienenden zementiert. Den Arbeitnehmenden, die ein flexibles Rentenalter wollen, das allen offen steht und das den Aspekten der Fairness, der Gesundheit und es Arbeitsmarktes Rechnung trägt, bleibt heute kein anderer Weg als ein klares und deutliches JA zur Initiative „für ein flexibles AHV-Alter“.