Wie soll unsere Altersvorsorge in Zukunft ausgestaltet sein? Diese Frage stellt sich der Stimmbevölkerung am 3. März. Für Travail.Suisse ist klar: Wir brauchen eine starke und verlässliche Altersvorsorge, die allen ein würdiges Leben im Alter garantiert. Ein immer höheres Rentenalter kommt deshalb nicht in Frage. Hingegen müssen die AHV-Renten dringend verbessert werden. Deshalb empfiehlt Travail.Suisse ein Nein zur Renteninitiative und ein Ja zur AHVx13.
Rentenalter automatisch jedes Jahr erhöhen? Nein
Die Renteninitiative stellt eine radikale Forderung. Sie will das Rentenalter zuerst auf 66 Jahre erhöhen und danach automatisch jedes Jahr der Lebenserwartung der 65-Jährigen anpassen. Die Initiantinnen und Initianten rechnen damit, dass das Rentenalter im Jahr 2050 bei 67 Jahren und 7 Monaten liegen würde. Den Arbeitnehmenden soll jeweils erst fünf Jahre vor der Pensionierung mitgeteilt werden, wann sie genau pensioniert werden. Soziale Abfederungen oder eine Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt sind nicht vorgesehen.
Für Travail.Suisse ist klar, dass es sich bei der Renteninitiative um einen unsozialen, technokratischen und undemokratischen Vorschlag handelt, der zu sozialen Härten führt und weit entfernt ist von der Realität der durchschnittlichen Arbeitnehmenden.
Renteninitiative trifft den Mittelstand
Die Lebenserwartung in der Schweiz unterscheidet sich stark. Studien zeigen sehr klar, dass die Lebenserwartung einer Person von deren Bildungsstand abhängt. Die Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Berufslehre und Studienabschluss sind in der Schweiz deutlich. Ein Schreiner lebt rund drei Jahre weniger lang als ein Professor. Zudem gibt es eine grosse Differenz zwischen den gesunden Lebensjahren, die die beiden erwarten können. Hier muss man von einer Differenz von 7,5 Jahren ausgehen. Wenn das Rentenalter erhöht wird, wird dem Schreiner deshalb anteilsmässig deutlich mehr von seinen Rentenjahren – und insbesondere von seinen gesunden Rentenjahren – genommen als dem Professor.
Hinzu kommt die Tatsache, dass es sich der Professor problemlos leisten kann, früher in Pension zu gehen. Schon heute spielen die Finanzen die entscheidende Rolle, ob sich jemand früher pensionieren lassen kann oder nicht. Wer ein höheres Einkommen hat, kann sich schon heute eine Frühpensionierung leisten und muss nicht bis zum ordentlichen Rentenalter arbeiten. Das wird sich auch mit der Renteninitiative nicht ändern. Hingegen wird die Frühpensionierung teurer, weil mehr Jahre bis zum regulären Pensionsalter finanziert werden müssen. Das hat zum Beispiel auf die Frühpensionierungslösungen im Bau direkte Auswirkungen. Heute wird die Frühpensionierung während dem Erwerbsleben vorfinanziert. Wenn aus diesem Topf mehr Jahre vorfinanziert werden müssen, wird die Finanzierung gefährdet.
Renteninitiative gefährdet soziale Errungenschaften
Schliesslich ist nicht zu unterschätzen, wie belastend das Erwerbsleben ist. Die jährlichen Erhebungen von Travail.Suisse im Rahmen der Studie «Barometer Gute Arbeit» zeigen, dass insbesondere die psychischen Belastungen zunehmen. Dies zeigt sich auch in der IV-Statistik. Wegen den beruflichen Belastungen können schon heute viele Erwerbstätige nicht bis zum ordentlichen Rentenalter arbeiten. Gut 10% der 60- bis 64-Jährigen beziehen eine IV-Rente. Bei den 60- bis 64-Jährigen zeigt sich auch vermehrt die physische Belastung der Erwerbstätigkeit. So werden neue Renten v.a. wegen Krankheiten (Knochen- und Bewegungsorgane, Tumore, Kreislaufsystem) ausgesprochen.
Die Erhöhung des Rentenalters würde die Invaliditätsrate erhöhen und dazu führen, dass Menschen in belastenden Berufen nicht bis zur Pensionierung arbeiten können, sondern vorher invalid werden. Travail.Suisse ist nicht bereit, eine wesentliche Errungenschaft der Altersvorsorge und der sozialen Sicherheit in der Schweiz aufs Spiel zu setzen: Die Errungenschaft, dass wir nicht arbeiten müssen, bis wir krank sind und sterben, sondern dass uns ein würdiger Ruhestand vergönnt ist.
Höhere Renten für ein würdiges Alter? Ja
Die zweite Vorlage zur Altersvorsorge, über die die Stimmbevölkerung am 3. März befindet, ist die Initiative AHVx13. Sie verlangt, dass die AHV-Rente um einen Zwölftel erhöht wird. Das soll für alle Altersrenten gelten. Für die Berechnung der Ergänzungsleistungen soll diese «13. AHV-Rente» hingegen nicht mitgerechnet werden, so dass Ergänzungsleistungen nicht gekürzt würden aufgrund der höheren AHV-Renten.
Aus Sicht von Travail.Suisse ist klar, dass es eine Erhöhung der AHV-Renten braucht. Die 13. AHV-Rente ist ein Schritt in die richtige Richtung und führt zu einer spürbaren Verbesserung der finanziellen Situation der pensionierten Arbeitnehmenden.
Solides und verlässliches Rentensystem stärken
Heute sind viele Renten zu tief. Die AHV-Renten sind nicht existenzsichernd, obwohl dies in der Verfassung garantiert ist. In der zweiten Säule wurde das Alterskapital wegen der langen Tiefzinsphase kaum verzinst. Gleichzeitig gibt es dort keinen Teuerungsausgleich. Das alles schlägt sich im Budget der aktuellen und zukünftigen Rentnerinnen und Rentner nieder. Ihre Ausgaben für Miete, Krankenkasse und alle weiteren Kosten steigen wegen der Teuerung, während die Renten nicht damit mithalten können.
Damit das System wieder ins Gleichgewicht kommt, braucht es eine Stärkung der AHV. Einerseits kommt die Erhöhung der AHV-Renten allen zugute. Das ist eine wichtige Verbesserung für Personen mit kleinen Renten, die im Lauf ihres Erwerbslebens kaum Alterskapital in der zweiten Säule ansparen konnten. Dazu gehören viele Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung ganz oder teilweise einstellten.
Wenn die AHV existenzsichernd ist, kann auch die berufliche Vorsorge richtig ausgerichtet werden. Die berufliche Vorsorge hat die Funktion, den bisherigen Lebensstandard zu halten. Mit einer guten Grundlage bei der AHV ist dieses Ziel auch tatsächlich erfüllbar. Damit wir die Altersvorsorge stärken können und allen ein würdiges Leben im Alter garantieren können, braucht es eine Erhöhung der AHV-Renten und ein Ja zur Initiative AHVx13.