Travail.Suisse fordert Bekenntnis gegen Gewalt am Arbeitsplatz und für Lohngleichheit
Nächste Woche wird sich das Parlament mit mehreren gleichstellungspolitischen Vorstössen befassen. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, ruft National- und Ständerat dazu auf, in der letzten Sessionswoche dieser Legislatur ein Zeichen für die Gleichstellung zu setzen und die Vorlagen anzunehmen. Der Nationalrat entscheidet über drei Motionen zum Thema Lohngleichheit, während der Ständerat hoffentlich endlich grünes Licht geben wird für die Ratifikation des ILO-Übereinkommens Nr. 190 zu Gewalt und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.
Abschaffung der «Toleranzschwelle»
Die Verpflichtung der Unternehmen zur Überprüfung der Lohngleichheit, die 2020 mit einer Revision des Gleichstellungsgesetzes (GlG) eingeführt wird, ist ungenügend. Ziel der beiden Motionen von transfair-Präsidentin Greta Gysin, die nächste Woche im Nationalrat traktandiert sind, ist die Abschaffung der so genannten «Toleranzschwelle», die bei der Analyse der Lohngleichheit zur Anwendung kommt. Diese Schwelle, die weder im GlG noch in der Bundesverfassung genannt wird, wurde bei der Lancierung des Analysetools Logib vor etwa 20 Jahren eingeführt, um den Kinderkrankheiten des Tools Rechnung zu tragen und hat heute keinerlei Berechtigung mehr.
Greta Gysin hält fest: «Die ‘Toleranzschwelle’ vermittelt den Eindruck, dass eine unerklärte Lohnungleichheit akzeptabel sei. Das ist nicht tolerierbar, denn selbst hinter einem vergleichsweise tiefen Durchschnittswert kann sich eine wesentlich höhere individuelle Diskriminierung verbergen.» Des Weiteren fordert Gysin Kontrollen über die Durchführung der Lohnanalysen im Rahmen der bestehenden arbeitsmarktlichen Kontrollen, sowie Sanktionen für Unternehmen, die keine Massnahmen zur Reduktion von Lohndifferenzen ergreifen.
Öffentliche Liste für fehlbare Unternehmen
Die Motion von Min Li Marti zielt auf mehr Transparenz bei der Nichteinhaltung der Lohngleichheit ab. Dafür soll eine öffentliche Liste der fehlbaren Unternehmen eingeführt werden, wie dies bereits im Bereich der Schwarzarbeit getan wird. Diese Liste könnte die Schwarze Liste ablösen, die Travail.Suisse seit Juli dieses Jahres auf RESPECT8-3.CH auf anonyme Meldung der Arbeitnehmenden hin führt.
Klare Botschaft der Schweiz gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz
Nachdem sich der Ständerat vergangenes Jahr gegen die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens Nr. 190 ausgesprochen hat, erhält er nächste Woche die Möglichkeit, diesen verheerenden Entscheid zu korrigieren. Das Übereinkommen enthält die erste international anerkannte Definition von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und stellt einen bedeutenden Meilenstein für die Zukunft der Arbeit dar. Mit Hilfe von juristischen Argumenten und alarmierenden Prognosen über die Entwicklung des Schweizer Rechts spricht sich eine Handvoll Ständerätinnen und Ständeräte der Kommission für Rechtsfragen weiterhin gegen die Ratifizierung des Übereinkommens aus. Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellungspolitik, hält fest: «Travail.Suisse misst der Ratifizierung dieses Abkommens grosse Bedeutung zu, nicht zuletzt aufgrund der verheerenden Signalwirkung, die eine Nicht-Ratifizierung an andere Staaten aussenden würde.»
Travail.Suisse ermutigt die Mitglieder des National- und Ständerats, diese vier Vorlagen zu unterstützen und in der letzten Sessionswoche ein Zeichen für die Gleichstellung zu setzen.