Der Bundesrat schickt endlich einen Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Weiterbildung in die Vernehmlassung. Nun müssen wir dafür sorgen, dass dieses Gesetz allen eine echte Chance bietet, sich sozial und beruflich zu integrieren!
Im Mai 2006 stimmte das Volk mit einer Mehrheit von über 87 Prozent dem Bildungsartikel in der Verfassung zu. Es gab damit den Startschuss zu einer umfassenden Neuausrichtung aller Bildungsbereiche auf nationaler Ebene: Harmos, Harmos-Konkordat, «Plan d’étude romand» und Lehrplan 21, Berufsbildung und das im September vom Parlament verabschiedete Hochschulförderungsgesetz HFKG. Noch ausstehend sind das Stipendien-Konkordat, das die Kantone noch nicht ratifiziert haben, und ein Weiterbildungsgesetz.
Heute bestehen bei der Weiterbildung grosse Ungleichheiten
Lebenslanges Lernen ist von zentraler Bedeutung in einer Welt, die sich wirtschaftlich schnell wandelt und in der Wissen und technologischer Fortschritt, aber auch Fragen im Zusammenhang mit der Globalisierung, der Umwelt und der Energie eine immer wichtigere Rolle spielen. Deshalb muss die ganze Bevölkerung die Möglichkeit haben, sich weiterzubilden und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, beruflich aktiv zu bleiben. Heute bestehen im Weiterbildungsmarkt, der in der Schweiz auf über 5,3 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt wird, grosse Ungleichheiten zwischen:
- Personen, die bereits über eine sehr gute Grundausbildung verfügen, häufig auf Tertiärstufe, und die freiwillig regelmässig Weiterbildungen absolvieren (sie machen 75 Prozent der Personen aus, die sich weiterbilden).
- Wenig qualifizierten Personen, die teilweise die Grundkompetenzen im Laufe der Jahre verloren haben, eher von Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Veränderungen betroffen sind und deshalb das Weiterbildungsangebot nicht nutzen können.
Das vom Bundesrat vorgeschlagene Rahmengesetz berücksichtigt nach zahlreichen Diskussionen in den Kommissionen des National- und Ständerats und verschiedenen parlamentarischen Vorstössen bis zu einem gewissen Grad diese Zielgruppen, die vom Staat (Bund und Kantone) gezielt und bewusst angesprochen werden müssen.
Es profitiert die Gesellschaft als Ganzes
Aus unserer Sicht muss dieses Gesetz die Chancengleichheit verbessern und es ermöglichen, wirksam für die Integration der ganzen Bevölkerung in die heutige Wissensgesellschaft und die Berufswelt zu kämpfen. Grundpfeiler dieses künftigen Gesetzes müssen eine Auffrischung der Grundkenntnisse und eine Anerkennung des im Berufsleben erworbenen Wissens unter anderem für folgende Zielgruppen sein:
- Erwachsene, die aus irgendwelchen Gründen nicht direkt nach der obligatorischen Schule eine Berufsbildung abgeschlossen haben;
- Personen, die aufgrund von Schicksalsschlägen Sozialhilfe beziehen, wenig qualifizierte Arbeitskräfte, die derzeit arbeitslos sind und Frauen, die nach einer Familienphase wieder ins Erwerbsleben einsteigen möchten;
- Migrantinnen und Migranten, deren Abschlüsse in unserem Bildungssystem nicht anerkannt sind oder die wenig qualifiziert sind.
Diesen Zielgruppen muss es das Gesetz ermöglichen, wieder in einen Lernprozess einzusteigen und damit auch das Selbstvertrauen zu stärken. Wenn dies gelingt, profitiert die ganze Gesellschaft.