Berufsbildung: Neue Governance zur Stärkung der Berufsbildung
Am Spitzentreffen der Berufsbildung haben der Bund, die Kantone und die Dachverbände der Organisationen der Arbeitswelt einer neuen Governance der Berufsbildung zugestimmt. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, ist überzeugt, dass durch die neue Governance die Strategiearbeit im Rahmen der Berufsbildung verbundpartnerschaftlicher und transparenter wird und die unterschiedlichen Akteure besser eingebunden werden. Dadurch wird die Berufsbildung noch an Stärke gewinnen.
Das 2004 in Kraft getretene Berufsbildungsgesetz definiert die Berufsbildung als verbundpartnerschaftliche Aufgabe (1). Verschiedene Studien (2,3,4) der letzten Jahre zeigen, dass die Verbundpartnerschaft, wie sie bisher gelebt wurde, manche Mängel aufweist. Diese Erkenntnisse blieben nicht ohne Folgen. Im Rahmen einer intensiven Governance-Diskussion wurden für die verbundpartnerschaftliche Zusammenarbeit neue Strukturen erarbeitet und die Verantwortlichkeiten und Prozesse der Akteure klarer definiert.
Neu nimmt eine so genannte tripartite Berufsbildungskonferenz TBBK die zentrale strategische Steuerung der Berufsbildung wahr. Sie bereitet einerseits die Spitzentreffen vor und setzt die Entscheidungen des Spitzentreffens um. Andererseits lanciert sie Projekte, mandatiert Expertengruppen, führt Dialogforen durch und verarbeitet die von diesen Gruppen eingebrachten Inputs und Lösungsvorschläge.
Das nationale Spitzentreffen der Berufsbildung entscheidet über die Anträge der TBBK, beauftragt diese mit der Umsetzung der getroffenen Entscheidungen und legitimiert damit die Arbeit der TBBK politisch.
Die Dialogforen dienen dem direkten Austausch zwischen den Verbundpartnern. Sie erlauben einen breiten Einbezug der Akteure. Vorgesehen sind folgende vier Dialogforen: OdA Arbeitgebende, OdA Arbeitnehmende, Aus- und Weiterbildungsanbieter, Berufsfachschulen und überbetriebliche Kurse. Expertengruppen unterstützen und beraten die TBBK. Projektgruppen bearbeiten konkrete Themen und Probleme und präsentieren der TBBK konkrete Lösungsvorschläge.
Die Rolle von Travail.Suisse
Travail.Suisse kann als Dachverband sowohl im nationalen Spitzentreffen wie auch in der TBBK aktiv mitwirken. Zusammen mit dem SGB ist Travail.Suisse mitverantwortlich für die Organisation und Durchführung des Dialogforums OdA Arbeitnehmende. Als Dachverband der Arbeitnehmenden hat Travail.Suisse insbesondere die Stimme und die Interessen der Lernenden und der Arbeitnehmenden in die Diskussionen und Entscheidungen einzubringen. Dazu gehören zum Beispiel:
- dass Jugendliche, Erwachsene und Betriebe dank einer klaren nationalen Mission gesamtschweizerisch einen vergleichbaren und einfachen Zugang zu den wichtigen Dienstleistungen und Berufs-, Studien und Laufbahnberatung haben
- dass die Absolventinnen und Absolventen der Höheren Fachschulen über einen Abschluss verfügen, der auf dem Arbeitsmarkt als Tertiärabschluss besser erkannt und anerkannt wird
- dass die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung die Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden fördert und sie befähigt, berufliche und gesellschaftliche Anforderungen in einer komplexen, globalisierten und digitalisierten Welt selbständig zu bewältigen und in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen
- dass der Zugang von Menschen mit Behinderungen zur Berufsbildung verbessert wird. Dazu gehört insbesondere, dass alle Projekte, die im Rahmen von Berufsbildung 2030, durchgeführt werden (5), auch daraufhin befragt werden, was sie zur Verbesserung der Situation der Menschen mit Behinderungen in der Berufsbildung beitragen können
- dass die Koordination der Berufsbildung mit anderen Politikbereichen (Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Invalidität, Migration, etc.) verbessert und verstärkt wird
- dass zur Bewältigung der wirtschaftlichen Strukturveränderungen die Anpassungsbildung der im Arbeitsmarkt stehenden Arbeitnehmenden verbessert wird, zum Beispiel durch die politische Aufwertung der Branchenzertifikate.