Bis Ende 2014 war die Ausbildung von Lehrpersonen ausschliesslich Sache der Kantone. Seit Inkrafttreten des neuen Hochschulkoordinations- und Förderungsgesetzes (HFKG) Anfang letzten Jahres gehören auch die Pädagogischen Hochschulen zum Schweizerischen Hochschulraum. Travail.Suisse hat mit Hans-Rudolf Schärer darüber gesprochen, was dies für die PH bedeutet.*
Seit bald zwei Jahren sind die Pädagogischen Hochschulen auf gleicher Ebene wie die universitären Hochschulen und die Fachhochschulen angesiedelt. Wie wichtig war dieser Schritt für Ihren Bildungsbereich?
Hans-Rudolf Schärer: Damit wird anerkannt, dass der Lehrerberuf anspruchsvoll und für die Gesellschaft bedeutsam ist – auch auf Primarstufe. Im Umfeld der SVP wurde in der Vergangenheit gelegentlich die Meinung geäussert, Lehrpersonen bräuchten gar kein Studium, sondern eine Lehre genüge. Solche Ideen sind somit vom Tisch.
Das heisst, es geht den PH vor allem um Wertschätzung?
Darüber hinaus entstehen ganz konkrete Vorteile. Zum Beispiel arbeiten wir nun in diversen thematischen Delegationen von Swissuniversities mit und bringen dort die Interessen von Schule und Lehrerbildung ein. Im Bereich Forschung ist dies etwa die Entwicklung zu Open Access: Wenn wissenschaftliche Publikationen künftig im Internet frei zugänglich sind, können sie auch unsere Dozierenden und Studierenden niederschwellig und kostenlos nutzen. Unsere neue Position vereinfacht zudem die Forschung gemeinsam mit anderen Hochschultypen. Und auch die nun vorgeschriebenen Akkreditierungen werden die Qualität unseres Hochschultyps fördern.
Vor Inkrafttreten des HFKG hegten Fachhochschulen und PH zum Teil die Befürchtung, von den renommierten Universitäten nicht ganz für voll genommen zu werden. Wie erleben Sie nun die Zusammenarbeit in der Rektorenkonferenz?
Die Atmosphäre ist konstruktiv. Es gilt der vielzitierte Grundsatz: Die drei Hochschultypen sind verschiedenartig, aber gleichwertig. Gegen aussen tritt die ganze Organisation mit einer Stimme auf. Dies verleiht uns Gewicht im gesellschaftlichen Diskurs und der Politik gegenüber. Zum Beispiel machen sich im Rahmen von Swissuniversities alle Hochschulen gemeinsam dafür stark, dass wir weiterhin am Europäischen Forschungsprogramm Horizon 2020 teilnehmen können.
Wie wichtig sind für die PH die Durchlässigkeit zwischen den Hochschultypen sowie die Promotionsmöglichkeiten?
Da haben wir vor allem in unserem Kerngebiet – dem Bereich Fachdidaktik – grossen Bedarf. Wir brauchen eigenen kompetenten Nachwuchs für die Forschung und Lehre. Zusammen mit anderen Hochschulen bauen wir nun Doktoratsprogramme auf. Die Betreuung der Doktorierenden wird zu einem wesentlichen Teil an den PH stattfinden, die Titel dürfen aber nur die Universitäten vergeben.
Verschärft sich mit der Integration in den Schweizerischen Hochschulraum für die PH nicht auch die Konkurrenzsituation mit anderen Hochschultypen? Zum Beispiel beim Kampf um die beschränkten Bildungsgelder?
Das betrifft uns weniger, weil wir grossmehrheitlich über die Kantone finanziert werden. Doch neu können wir im Rahmen der projektbezogenen Beiträge ebenfalls von Bundesmitteln profitieren. Dies wird nun mit einer grossen Fachdidaktik-Initiative bereits aktuell.
Wie soll diese Initiative aussehen?
Es sind zahlreiche Masterstudiengänge in den verschiedenen Fachdidaktik-Bereichen geplant, die in der Hauptverantwortung der PH liegen. Bei uns in Luzern bieten wir zum Beispiel bald einen Masterstudiengang in Geschichtsdidaktik in Zusammenarbeit mit anderen PH und Universitäten an. In einigen Kantonen – zum Beispiel Bern und Luzern – erwerben angehende Gymnasiallehrpersonen ihr didaktisches Knowhow bereits jetzt an der PH. Unsere Kernkompetenz ist die Befähigung zum Vermitteln von Wissen. Diese wollen wir vermehrt verschiedenen Gesellschaftsbereichen zur Verfügung stellen. Nicht nur Lehrpersonen brauchen didaktische Fähigkeiten, sondern zum Beispiel auch Personen im mittleren Management von Betrieben. Ich sehe in diesem Bereich noch viel Potenzial.
* Hans-Rudolf Schärer ist Rektor der Pädagogischen Hochschule Luzern, Präsident der Kammer Pädagogische Hochschulen von Swissuniversities (dem Verein der Hochschulrektoren) sowie einer der Vizepräsidenten von Swissuniversities.