Um den Fachkräftemangel in technischen Berufen zu lindern, gibt es bereits etliche Initiativen. Einen speziellen Ansatz verfolgt nun ein gemeinsames Projekt von Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen.
Die Fachhochschulen verfügen über technisches Wissen, die Pädagogischen Hochschulen sind auf das Vermitteln von Inhalten spezialisiert. Nun wollen die beiden Hochschultypen zusammenarbeiten. Je fünf Institutionen jeder Kategorie haben gemeinsam beim Bund einen Projektantrag eingereicht, um das Interesse an den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu steigern.
Dass in diesem Bereich ein Fachkräfte-Mangel besteht und vor allem Frauen für entsprechende Berufe schwierig zu begeistern sind, ist ein schon länger erkanntes Problem. Verschiedene Player haben bereits Lösungsansätze entwickelt. Der Ansatz über die Lehrpersonen sei aber eine relativ neue Idee, erklärt Projektleiter Jürg Christener. „Wir wollen Lehrpersonen als Multiplikatoren gewinnen“, erklärt der Direktor der Hochschule für Technik an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Naturwissenschaftliche Fächer seien spannend, doch besonders unter Frauen häufig mit Ängsten verbunden. „Mit geeigneten Methoden kann man technisches Knowhow besser zugänglich machen“, ist der ETH-Ingenieur überzeugt.
Effekt tritt nicht morgen ein
Wie sich die konkrete Umsetzung gestalten wird, ist noch nicht in Stein gemeisselt. Angedacht sind Weiterbildungen für Dozierende an Pädagogischen Hochschulen, um sie bei der Entwicklung von Modulen für angehende Lehrpersonen zu unterstützen. Weiter sollen Angebote entstehen für Lehrpersonen, die bereits im Berufsleben stehen. Ab kommendem Jahr wollen die Beteiligten die Lehrpläne an den Pädagogischen Hochschulen gemeinsam unter die Lupe nehmen und geeignete Gefässe identifizieren. Das Ziel sei nicht, das Studium mit neuen Inhalten zu überfrachten, beteuert Christener. Vielmehr sollen die bestehenden Lehrveranstaltungen zugunsten der technischen Affinität verbessert werden.
Wie bei allen Bemühungen in diesem Bereich, sei das Projekt langfristig angelegt und die Wirkung schwierig zu messen, räumt Christener ein. Bis die Lehrpersonen, die in den Genuss der optimierten Ausbildung gekommen sind, im Schulzimmer stehen und ihre Schüler und Schülerinnen in die Arbeitswelt einsteigen, wird es mindestens zehn Jahre dauern, ist ihm bewusst. Die Berufswahl folge in der Schweiz immer noch stark traditionellen Rollenmustern. „Es geht darum, gesellschaftliche Werte zu verändern, und das braucht Zeit.“ Immerhin seien MINT-Studiengänge an Fachhochschulen in den letzten vier Jahren etwas beliebter geworden, sogar bei Frauen, weiss Christener, der sich zudem als Präsident des Vereins NaTech Education für die Verbesserung des naturwissenschaftlich-technischen Unterrichts engagiert. Dass diese Entwicklung mit der MINT-Förderung zusammenhänge, sei natürlich nicht nachweisbar.
Pädagogen zeigen sich offen
Der Projektantrag erfolgt im Rahmen der projektgebundenen Beiträge, welche das neue Hochschulkoordinations- und Förderungsgesetz für Hochschulübergreifende Projekte vorsieht. Die Gesamtkosten von 6 Millionen Franken werden je hälftig vom Bund und den zehn beteiligten Institutionen* getragen. Der Betrag wurde bereits bewilligt – unter Vorbehalt, dass das Budget für Bildung, Forschung und Innovation vom Parlament nicht noch gekürzt wird. Die Umsetzung soll nächstes Jahr beginnen und bis 2020 dauern.
Die Initiative für das Projekt sei von der technischen Seite ausgegangen, sagt Jürg Christener. „Wir sind positiv überrascht, wie offen unser Vorpreschen bei den Vertretern der Pädagogischen Hochschulen aufgenommen wurde.“