Der Hochschulrat stellt sich hinter die Absicht des Bundes, die Studienplätze in der Humanmedizin zu erhöhen. Nun zeigen auch andere Kantone Interesse an einer medizinischen Fakultät.
Wer sich kürzlich im Spital behandeln liess, wird festgestellt haben, dass ein Grossteil der Ärzte und Ärztinnen nicht Schweizer Dialekt spricht. Der Eindruck täuscht nicht: Unsere hochstehende Gesundheitsversorgung können wir nur dank der vielen ausländischen Fachkräfte aufrechterhalten. In den letzten Jahren wurden bedeutend mehr ausländische Diplome anerkannt als schweizerische ausgestellt, wie ein Bericht des Bundesrats aus dem Jahr 2011 zeigt. Diese Entwicklung ist problematisch. Denn einerseits könnte die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative den Zugang für ausländische Ärzte künftig erschweren. Anderseits zeichnet sich in den umliegenden Ländern ebenfalls ein Ärztemangel ab. Somit ist die Versorgungssicherheit auch hierzulande in Gefahr. Zudem ist es nicht besonders fair, auf Fachkräfte zu setzen, die im Ausland eine teure Ausbildung genossen haben und dort danach fehlen.
100 Millionen für die Medizin vorgesehen
Nun will der Bund Gegensteuer geben. In seiner Sitzung vom 28. Mai hat sich der Hochschulrat dafür ausgesprochen, die Anzahl Masterabschlüsse in der Humanmedizin zu erhöhen. Bereits in den vergangenen Jahren wurden die Studienkapazitäten kontinuierlich ausgebaut. Schliessen derzeit in der gesamten Schweiz jährlich knapp 800 Personen ein Medizinstudium ab, sollten es 2019 bereits über 1000 sein. Definiertes Ziel sind 1200 bis 1300 Abschlüsse. Um die benötigten Ausbildungsplätze zu schaffen, sieht der Bund eine Anschubfinanzierung von bis zu 100 Millionen Franken für die Zeitspanne von 2017 bis 2020 vor. Die Hochschulen können Projekte einreichen. Der Betrag muss aber nächstes Jahr noch vom Parlament genehmigt werden. Bei einer Studienzeit von sechs Jahren, wird die angestrebte Zahl neuer Ärzte wohl erst in etwa 12 Jahren erreicht.
Hatten bis anhin die bestehenden medizinischen Fakultäten in Basel, Bern, Freiburg, Genf, Lausanne, Neuenburg und Zürich ihre Kapazitäten erweitert, so zeigen nun auch andere Universitäten Interesse an der Studienrichtung. Weit fortgeschritten sind die Pläne im Kanton Tessin. In St. Gallen und Luzern sind Abklärungen am Laufen.
Studienplätze allein reichen nicht
Wie aber will man erreichen, dass die Mediziner künftig vermehrt die benötigten Fachrichtungen wählen? „Schönheitschirurgen in Zürich gibt es wahrscheinlich bereits genug“, sagt Corina Wirth vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Bedarf bestehe hingegen bei Hausärzten, vor allem in ländlichen Gebieten, und Psychiatern. Um mehr Studienabgänger für diese Fachrichtungen zu gewinnen, arbeitet das Bundesamt für Gesundheit mit verschiedenen Ärzteorganisationen zusammen. Es sollen mehr attraktive, interprofessionelle Versorgungsmodelle entstehen. Noch nicht entschieden ist, ob auch das Tarifsystem, das Hausärzte finanziell schlechter stellt als Spezialisten, weiter angepasst wird.
Werden in Zukunft also wieder mehr Ärzte mit Schweizer Pass in unseren Spitälern und Praxen arbeiten? „Die Erhöhung der Abschlüsse allein genügt nicht“, sagt Corina Wirth. Denn einerseits steigt der Bedarf durch das Bevölkerungswachstum und die älter werdende Gesellschaft. Anderseits gehen in den nächsten Jahren mehr Ärzte in Pension als Junge nachkommen. Und mit der zunehmenden Anzahl Frauen, die den Beruf wählen, nimmt die Bereitschaft zu hohen Erwerbspensen ab. Der Bund plant deshalb Massnahmen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.