Das neue Gesetz wertet die Fachhochschulen auf. Gleichzeitig könnten sie in gewissen Punkten zurückgepfiffen werden, wie Rechtsprofessor Bernhard Ehrenzeller ausführt. Doch auch Uni-Professoren sind verunsichert.
Andrea Söldi: Seit Anfang Jahr ist das HFKG in Kraft. Wieso hat es dieses neue, komplizierte Gesetz gebraucht?
Bernhard Ehrenzeller * : Ausschlaggebend war der neue Hochschulartikel in der Bundesverfassung, der 2006 vom Volk angenommen wurde. Er definiert den gesamten Hochschulraum Schweiz, zu dem neu auch die Fachhochschulen und die Pädagogischen Hochschulen gehören. Diese beiden Typen haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Nun werden sie auch rechtlich auf gleiche Stufe gestellt wie die Universitäten. Gegenüber dem heutigen System bringt das Gesetz eine erhebliche Vereinfachung der Strukturen.
Welches sind die wesentlichsten Änderungen?
Grundlegend ist die verstärkte gesamtschweizerische Koordination durch gemeinsame Organe von Bund und Kantonen. Sie ist nötig, um die Qualität der Hochschulen zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Hochschulen zu erhalten und zu steigern. Deshalb gesteht das Gesetz dem Bund mehr Führungskompetenzen zu, während die Kantone leicht an Selbstbestimmung verlieren. Neu ist das Mittel der Referenzkosten: So will man vergleichen, wie viel ein Studierender des gleichen Fachs an verschiedenen Institutionen kostet. Somit kann man die Bundesbeiträge stärker nach leistungsorientierten Kriterien verteilen und die öffentlichen Gelder noch transparenter und effizienter einsetzen.
Und welches sind die Auswirkungen für die Hochschulen selber?
Die neue Rechtsform gewährt den Hochschulen mehr Autonomie. Während die universitären Hochschulen schon bisher grosse Eigenständigkeit genossen, waren die Fachhochschulen stark vom Bund her gelenkt. Nun müssen sich sämtliche Typen einer eingehenden Prüfung durch den Schweizerischen Akkreditierungsrat unterziehen. Jede Hochschule wird an ihrem eigenen Profil gemessen werden. Auch die Professoren werden ihre Arbeit in der Lehre und Forschung stärker rechtfertigen müssen, was bereits heute einige ein wenig verunsichert hat. Ausserdem kommen nun die Leitungspersonen aller Hochschulen in der Rektorenkonferenz zusammen. Da treffen verschiedene Kulturen aufeinander. Es wird zu diskutieren geben.
Zum Beispiel?
Ein Ziel des Hochschulraumes ist es, die Kooperationen unter den Hochschulen zu verstärken, vor allem in der Forschung. Es soll mehr Austausch von Dozierenden und Studierenden geben und der schweizerische Nachwuchs soll stärker gefördert werden. Auch die Durchlässigkeit soll sich verbessern. Heute bestehen noch nennenswerte Hürden, wenn etwa ein Fachhochschul-Absolvent an einer Universität einen Master oder gar einen Doktortitel erwerben möchte.
Dürfen Fachhochschulen und ihre Absolventen also auf namhafte Verbesserungen hoffen?
Zum Teil, aber nicht nur. Es kann durchaus sein, dass einzelne Masterstudiengänge an Fachhochschulen im Rahmen der Akkreditierung kritisch beurteilt werden, falls sie die Qualitätsanforderungen nicht erfüllen und dem Fachhochschulprofil zu wenig entsprechen. Auch Professorentitel dürften künftig an Fachhochschulen nicht mehr so leicht vergeben werden. An den Universitäten braucht es dazu neben dem Doktorat eine Habilitation.
Welche Änderungen werden Studierende und Dozierende sonst noch direkt spüren?
Der tiefgreifendste Wandel im Bildungssystem ist bereits vollzogen: Es war die Umstellung aufs Bologna-System. Dieses ist nun laufend weiterzuentwickeln. Zum Beispiel sollte man überprüfen, ob die bisherige Umsetzung zu einer zielwidrigen Sammlerei von Credits geführt hat, was dem Bildungsniveau abträglich wäre. Einschneidende Konsequenzen, auch für die Professoren, wird die Koordination in kostenintensiven Bereichen haben, falls es tatsächlich zu einer Konzentration einzelner Lehr- und Forschungsbereiche an bestimmten Hochschulen kommt. Für die Studierenden ist etwa das Thema Studiengebühren von grosser Bedeutung. Je nach Hochschule variieren sie zurzeit erheblich. Wenn der Hochschulrat Empfehlungen über allgemeingültige Ober- und Untergrenzen erlassen wird, kann es da und dort zu einem merklichen Anstieg kommen.