Wünsche der Arbeitnehmenden ans Berufsbildungssystem
Rückblick Dialogforum OdA Arbeitnehmende
Mit dem Dialogforum existiert ein Gefäss, mit welchem Anliegen der Arbeitnehmenden ans Berufsbildungssystem direkt an die strategische Ebene adressiert werden können. Die Unterstützung und der Schutz der Arbeitnehmenden auf allen Bildungsstufen bleibt aus Sicht von Travail.Suisse eine der Hauptherausforderungen.
Im Jahr 2021 hat die Tripartite Berufsbildungskonferenz (TBBK) seine Arbeit aufgenommen. Sie steuert die Berufsbildung verbundpartnerschaftlich auf strategischer Ebene und dient dabei als Bindeglied zwischen den verschiedenen Gremien auf operativer Ebene und dem nationalen Spitzentreffen auf der politischen Ebene. Um einen breiteren Einbezug der verschiedenen Akteurinnen und Akteure sicherzustellen, werden jährlich vier Dialogforen durchgeführt und so ein direkter Austausch zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren mit den Mitgliedern der Tripartiten Berufsbildungskonferenz ermöglicht. Travail.Suisse organisiert das «Dialogforum OdA Arbeitnehmende» mit. Anfang Mai fand die dritte Durchführung des Dialogforums OdA Arbeitnehmende statt – dabei stand eine breite Palette an Themen zur Diskussion.
Schutz und Entlastung der Lernenden in der beruflichen Grundbildung gefordert
Lernende in der beruflichen Grundbildung sind besonders verletzliche Arbeitnehmende. Übergriffe und sexuelle Belästigung kommen leider immer wieder vor. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass Lernende besser über ihre Rechte und das Funktionieren der Arbeitswelt aufgeklärt werden, ebenso, dass die Kantone ihre Aufsicht über die Lehrverhältnisse wahrnehmen und die Rechte und Gesundheit der Jugendlichen schützen. Die Belastungen für Jugendliche in der Berufsbildung sind hoch. Schulische und betriebliche Anforderungen prasseln auf die jungen Erwachsenen ein und wer noch die Berufsmaturität absolviert, schiebt Extraschichten. Eine Arbeitszeitverkürzung in der Lehre, resp. eine Modularisierung der Ausbildung stehen als Forderungen aus dem Dialogforum im Raum. Aber auch auf der monetären Seite können die Belastungen hoch sein. Zu Beginn der Lehrzeit sind je nach Beruf vielfältige Investitionen in die Berufsausrüstung zu tätigen, dabei ist längst nicht immer gegeben, dass sich der Lehrbetrieb an diesen Kosten beteiligt. Hier wurde der Ruf nach staatlicher Unterstützung oder einer Fonds-Lösung laut.
Besserer Zugang für Menschen mit Behinderung zur Berufsbildung
2022 hat eine erstmalige Überprüfung der Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention (BRK) durch die Schweiz stattgefunden. Diese Überprüfung durch den UNO-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat Zugangsbarrieren sowohl zur Berufsbildung wie auch zur höheren Bildung festgestellt und eine Empfehlung für den besseren Zugang zu inklusiver und zertifizierender beruflicher Grundbildung für alle Lernenden ausgesprochen. Nach wie vor ist unklar, wer genau die Verantwortung zur Nachverfolgung dieser Empfehlung übernimmt. Immerhin ist im Rahmen von «Berufsbildung 2030» ein Projekt mit Bezug auf den Zugang für Hörbehinderte und Gehörlose zur Berufsbildung lanciert worden. Ein wichtiger Schritt, dennoch wurde am Dialogforum deutlich, dass es deutlich mehr Anstrengungen braucht, um der Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden.
Lebenslanges Lernen ermöglichen, Berufsabschlüsse für Erwachsene fördern
Die Wichtigkeit von lebenslangem Lernen ist in aller Munde und stand auch am Dialogforum stark im Zentrum. Einerseits wurden die Barrieren für Geflüchtete und Personen aus dem Migrationsbereich bemängelt und eine bessere Unterstützung beim Erwerb der Grundkompetenzen und der Sprachfähigkeiten gefordert. Andererseits wurde die Verankerung verbindlicher Ziele beim Berufsabschluss für Erwachsene gefordert. Obwohl der Fachkräftemangel in aller Munde ist, gibt es in der Schweiz ein riesiges Potenzial von Arbeitnehmenden, die über keinen Berufsabschluss verfügen. Damit sind diese Leute in einer prekären Situation – bei Stellenabbau verlieren sie oft als Erste ihren Job und die Möglichkeiten für eine Weiterbildung sind für sie eingeschränkt. Mit einem Berufsabschluss für Erwachsene wird die individuelle Situation der Arbeitnehmenden deutlich verbessert, gleichzeitig werden dem Arbeitsmarkt mehr Fachkräfte zur Verfügung gestellt. Trotz mehreren möglichen Wegen zum Berufsabschluss für Erwachsene (wie verkürzte Lehren, Validierung usw.) bleiben die Abschlusszahlen bescheiden. Gemäss einer Studie der Berner Fachhochschule gibt es ein reales Potenzial von über 300'000 Arbeitnehmenden ohne Abschluss, die dafür geeignet wären. Gleichzeitig gelingt es jährlich aber nur etwa 5'000 einen Berufsabschluss nachzuholen. Eine bessere Unterstützung bei den indirekten Bildungskosten und verbindliche Ziele für die Anzahl von Berufsabschlüssen von Erwachsenen sollten aus Sicht von Travail.Suisse dringend etabliert werden.