Das Berufsbildungssystem der Schweiz ist top. Das haben aktuell die Weltmeisterschaften der Berufsbildung (worldskills) in Abu Dhabi gezeigt: 20 Medaillen, davon 11 goldene, haben sich die jungen Berufsleute aus der Schweiz erkämpft. Damit die Berufsbildung ihre hohe Qualität halten kann, darf sie nicht ruhen, sondern muss kluge und neue Antworten auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen finden. Das wird mit einer neuen Strategie „Berufsbildung 2030“ angestrebt.
Was bedeuten Digitalisierung, Globalisierung, Migration oder erhöhte Anforderungen des Arbeitsmarktes für die Berufsbildung? Wie kann die Berufsbildung den schnellen technologischen Wandel bewältigen? Wie kann die Berufsbildung die Erwachsenen, auch die älteren Arbeitnehmenden, besser ins Berufsbildungssystem integrieren? Solche und ähnliche Fragen werden seit mehr als einem Jahr in der Berufsbildung intensiv diskutiert. Entstanden ist ein erstes Leitbild.
Ein verheissungsvolles Leitbild
Das erarbeitete Leitbild verlangt zum Beispiel, dass die Berufsbildung „individuelle Lernwege und Laufbahnentwicklungen“ fördert. Das ist eine Verheissung für Erwachsene und bedeutet, dass die Berufsbildung besser mit der persönlichen Lebenssituation vereinbart werden können soll. Mit Hilfe der Digitalisierung soll die Bildung ort- und zeitunabhängiger werden. Die Hürden bei einer beruflichen Neuorientierung sollen minimiert werden. Das sind alles Ideen, die es den Erwachsenen vereinfachen sollen, ihre beruflichen Kompetenzen auf aktuellem Stand zu halten und notwendige Berufswechsel durchzuführen. Denn niemand weiss, ob es seinen oder ihren Beruf in der jetzigen Form in Zukunft noch gibt und ob die bereits erworbenen beruflichen Kompetenzen in Zukunft noch benötigt werden. Da ist es gut, wenn die Berufsbildung sich so weiterentwickelt, dass Anpassungen einfacher möglich sind.
Eine dornige Umsetzung?
Solche Ideen müssen nun in konkrete Massnahmen umgesetzt werden. Das wird nicht einfach werden. Denn ein Leitbild zu formulieren, ist das eine. Es wirklich umzusetzen, ein anderes. Aber schon dieses Jahr sollen erste Schritte dazu gemacht werden. Am 13. November 2017 findet das Spitzentreffen der Berufsbildung statt. Bundesrat Johann Schneider-Ammann, die Spitzen der Kantone und der Wirtschaft, darunter auch der Präsident von Travail.Suisse, Adrian Wüthrich, werden das Leitbild miteinander diskutieren und – hoffentlich – auch erste Entscheidungen im Hinblick auf die Umsetzung treffen. Dazu gehört zum Beispiel die Prioritätensetzung und die Entscheidung, welche Ideen und Leitsätze als erstes umgesetzt werden sollen.
Die Forderungen von Travail.Suisse
Travail.Suisse war von Beginn weg eng in den Strategieprozess Berufsbildung 2030 involviert und hat seine Forderungen eingebracht. Im Fokus stehen insbesondere folgende Punkte:
a) In allen Diskussionen und Entscheidungen müssen immer alle Bereiche der Berufsbildung, also die berufliche Grundbildung, die Berufsmaturität, die Höhere Berufsbildung sowie die berufsorientierte Weiterbildung mitgedacht werden und nicht nur die berufliche Grundbildung.
b) In allen Diskussionen und Entscheidungen sollen nicht nur die Anliegen und Bedürfnisse der Jugendlichen, sondern immer auch die Anliegen und Bedürfnisse der Erwachsenen, auch der über 50-jährigen Personen, berücksichtigt werden.
c) Bei allen Diskussionen und Entscheidungen soll immer nach dem Informations- und Beratungsbedarf der verschiedenen Zielgruppen gefragt werden. Weiter muss der Zugang zu Leistungen der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung für alle möglichst vereinfacht werden.
d) In allen Diskussionen und Entscheidungen darf nicht nicht von einem einengenden Bild der Verbundpartnerschaft ausgehen. Wichtig ist es, immer wieder zu fragen, wer bei dem besprochenen Thema an den Diskussions- und Verhandlungstisch gehört, um sachgerechte und zukunftsfähige Lösungen zu finden.
Wird die Strategie „Berufsbildung 2030“ in griffige und konkrete Massnahmen umgesetzt, so kann sie den Weg ebnen, dass Jugendliche wie auch Erwachsene den Wechsel in die digitalisierte Arbeitswelt erfolgreich schaffen. Damit dies gelingt, sind Politik wie Wirtschaft gleichermassen gefordert.