Das Geschäftsjahr 2015 zeigt ein grosses Wachstum bei den Managerlöhnen in der Schweiz. Die Lohnscheren in den Unternehmen haben sich wieder stark geöffnet und befinden sich auf dem höchsten Stand der letzten fünf Jahre. Bei der Credit Suisse steigt die Lohnschere auf 1:363. Die neue Führung dreht kräftig an der Bonispirale und viele Unternehmen ziehen mit. Ein dämpfender Einfluss auf die Entschädigungen durch die Annahme der Abzockerinitiative lässt sich nicht feststellen. Ebenso sind die Vergütungsabstimmungen an den Generalversammlungen nicht zielführend und es existieren diverse Umgehungsmöglichkeiten.
Seit mehr als zehn Jahren untersucht Travail.Suisse die Löhne der Topmanager in 27 Schweizer Unternehmen und damit zusammenhängend die Entwicklung der Lohnschere als Verhältnis zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lohn innerhalb der Unternehmen.
Höchstlöhne: Die Chefetagen gewährten sich satte Salärerhöhungen
Die Cheflöhne haben 2015 einen grossen Sprung nach oben gemacht. Die CEO’s von 22 Unternehmen erhalten eine grössere Entschädigung, lediglich in fünf Unternehmen fällt die Höchstentschädigung tiefer aus als im Vorjahr. Im Schnitt sind die Bezüge der Chefs um satte 9% gestiegen. Spitzenreiter ist Tidjane Thiam von der Credit Suisse. Dieser erhielt neben seinem Fixgehalt und dem Bonus auch eine Kompensation der Bonusansprüche, die ihm aufgrund seines Wechsels zur CS bei seinem früheren Arbeitgeber zukünftig entgehen. Alles zusammengenommen und auf ein Jahr hochgerechnet, hat Thiam im 2015 über 20 Mio. Franken erhalten (+ 117% gegenüber dem Vorjahr). Daneben haben 2015 aber auch Lonza (+ 58%), Valora (+ 54%), UBS (+ 28%), Kuoni (+ 23%), Georg Fischer (+ 22%) und ABB (+ 20%) deutlich an der Bonispirale gedreht.
Diese Zunahme der Managerlöhne hat zu einer verbreiteten Öffnung der Lohnschere geführt: In 19 Unternehmen hat sich die Lohnschere letztes Jahr geöffnet, in drei ist sie stabil geblieben und lediglich in fünf Unternehmen ist eine leichte Schliessung der Lohnschere zu beobachten.
Auch bei den übrigen Mitgliedern der Konzernleitungen sind 2015 die Entschädigungen deutlich stärker gestiegen als bei den tiefsten Einkommen. In 17 Unternehmen wurden teils massive Erhöhungen der Saläre ihrer zweiten Garde beschlossen. Als Haupttreiber fallen hier Kuoni (+57%), Valora (+35%) und Swiss Life (+27%) auf.
Es gibt 18 Unternehmen, in welchen Mitglieder der Konzernleitung oder des Verwaltungsrates über 2 Mio. Franken kassieren; gesamthaft entspricht dies 130 Managern. 39 davon finden sich im Lohnkartell von Travail.Suisse wieder. Das Lohnkartell bildet die Riege der Manager ab, die über 100mal mehr verdienen als ihre MitarbeiterInnen. Das Lohnkartell macht deutlich, dass die unverschämten Saläre Tatsache bleiben. Die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse stellen die Mehrheit dieser abgehobenen Managerkaste. Neben Tidjane Thiam (CS) und Sergio Ermotti (UBS) finden sich aber auch Severin Schwan (Roche), Paul Bulcke (Nestlé), Ulrich Spiesshofer (ABB), Joseph Jimenez (Novartis) und Ernst Tanner (Lindt&Sprüngli) auf den vordersten Plätzen im Lohnkartell.
Kontinuierliche Zunahme seit 2011 – Kein dämpfender Effekt der Abzockerinitiative
Auch beim Mehrjahresvergleich zeigt sich ein deutliches Wachstum der Managerlöhne in den letzten Jahren. So sind seit 2011 die Bezüge für zwei Drittel der CEO’s und gar für drei Viertel der übrigen Konzernleitungsmitglieder gestiegen – und zwar durchschnittlich um 21% für die Chefs und um 15 % für den Rest der Konzernleitung. Folglich hat sich in der klaren Mehrheit der untersuchten Unternehmen die Lohnschere in den letzten Jahren weiter geöffnet. Diese Entwicklung ist keinesfalls nur von den grössten Unternehmen der Finanz- und Pharmabranche geprägt, sondern lässt sich quer durch alle Branchen feststellen. Beispielhaft für die Öffnung der Lohnschere der letzten Jahre stehen Lonza-Chef Richard Ridinger (von 1:40 auf 1:72), Yves Serra von Georg Fischer (von 1:32 auf 1:50) und Bobst-CEO Jean-Pascal Bobst (von 1:20 auf 1:30) sowie die restlichen Konzernleitungsmitglieder von Valora (von 1:12 auf 1:25), Kuoni (von 1:29 auf 1: 47) und Lindt&Sprüngli (von1:34 auf 1:48).
Diese Zahlen belegen eindrücklich die Entwicklung der Managerlöhne und es wird klar, dass die Abzockerinitiative keine dämpfende Wirkung auf die Entwicklung der Managerlöhne ausübt. Aus folgenden drei Gründen stellt diese kein wirksames Instrument dar:
1. Keine dämpfende Wirkung sichtbar: Wie die Resultate der Managerlohnstudie zeigen, lässt sich bisher keine dämpfende Wirkung der Abzockerinitiative auf die Höhe der Managementsentschädigungen feststellen.
2. Nicht zielführende Abstimmungen an den GV’s: Durch die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Unternehmen (VegüV) werden die Unternehmen an den Generalversammlungen zu bindenden Abstimmungen über die Managementvergütungen verpflichtet. Sinnvoll kann dabei nur eine getrennte Abstimmung über die fixen Entschädigungen und die variablen Entschädigungen (Boni) sein. Ausserdem muss die Abstimmung über die Boni retrospektiv – also im Folgejahr, wenn die Geschäftsergebnisse vorliegen – erfolgen. Lediglich sechs der untersuchten Unternehmen orientieren sich an dieser Abstimmungskaskade. Bei den restlichen 17 Unternehmen erfolgt die Genehmigung der Boni im Voraus und damit ohne Kenntnis über den Geschäftsgang des Unternehmens.
3. Umgehungsmöglichkeiten: Insbesondere horrende Antritts- und Abgangsentschädigungen werden von der Bevölkerung als stossend wahrgenommen. Zwar wird die Vorauszahlung (ohne Gegenleistung) durch die VegüV verunmöglicht. Zulässig bleiben hingegen Antrittsprämien, welche den Manager aus den Bonusplänen des bisherigen Arbeitgebers freikaufen, ebenso wie die Vergütung von Leistungen durch Konkurrenzverbote beim alten Arbeitgeber. Die Credit Suisse hat so an den neuen CEO Tidjane Thiam über 14 Mio. Franken entrichtet, welche ihn für die entgangenen Boni beim bisherigen Arbeitgeber kompensieren sollen.
Auch vertraglich vereinbarte oder statutarisch festgelegte Abgangsentschädigungen wurden dank der VegüV unzulässig. Zulässig bleiben hingegen Lohnfortzahlungen bis zum Ende der Kündigungsfrist, überlange entschädigte Konkurrenzverbote sowie Beraterverträge, bei welchen die Gegenleistung nicht transparent aufgezeigt wird. So weist der Geschäftsbericht von Roche knapp 400‘000 Franken aus, welche Franz Humer auch im zweiten Jahr nach seinem Austritt aus dem VR für Beratertätigkeiten erhalten hat.
Für Travail.Suisse ist klar, dass in der kommenden Aktienrechtsrevision zwingend strengere Regulierung zur Eindämmung der überrissenen Managerlöhne gemacht werden müssen, ansonsten droht ein erneuter Bonirausch mit entsprechenden politischen und gesellschaftlichen Kosten.
Frauen: Mehr Verwaltungsrätinnen – Keine Fortschritte in den Konzernleitungen
In den Verwaltungsräten der untersuchten Unternehmen finden sich 55 Frauen. Damit hat sich die Frauenquote in den letzten zehn Jahren zwar mehr als verdoppelt, noch immer ist aber weniger als jeder vierte Sitz mit einer Frau besetzt. Geradezu dramatisch präsentiert sich das Bild bei den Konzernleitungen. Von den 220 Konzernleitungsposten waren Ende 2015 lediglich 9 durch Frauen besetzt. Die Frauenquote liegt damit mit 4% beschämend tief. Bezeichnend ist auch, dass von den 18 neu besetzten Posten 2015 lediglich einer von einer Frau eingenommen wurde.
(gesamte Dossier siehe unten)