2012 war für die Banken kein leichtes Jahr. Auf die Löhne der obersten Manager hat sich das nicht ausgewirkt. Diese zeigen wieder nach oben.
2012 war wiederum ein schwieriges Jahr für die Banken. Bussen und Rückstellungen für Rechtsfälle, Goodwill-Abschreiber aufgrund von Restrukturierungen, die Aufwertung der eigenen Verbindlichkeiten und das tiefe Zinsniveau lasteten auf den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse. Auch fünf Jahre nach der Finanzkrise waren sie noch voll damit beschäftigt, sich dem neuen regulatorischen Umfeld anzupassen. Die Branche kann sich der wirtschaftlichen Ungewissheit derzeit nicht entziehen. Wer aufgrund dieser Ausgangslage mit sinkenden Managerlöhnen rechnet, hat indes falsch gedacht.
UBS: Höhere Managerlöhne aufgrund der “Bescheidenheit” der alten Chefs
Die UBS zahlte 2012 insgesamt 2,5 Milliarden Franken an Boni bei einem Reinverlust von 2,5 Milliarden Franken. Die UBS schüttet den Bonus nach dem bereinigten Vorsteuergewinn von rund 3 Milliarden Franken aus, der keine Goodwill-Abschreiber (von rund 3 Milliarden Franken wegen der Umstrukturierung des Investment Bankings) und keine Schuldenaufwertungen (von rund 2,5 Milliarden Franken) enthält. Noch höhere Boni könnte die Bank einzig ausschütten, würde sie auch die rund 1,5 Milliarden Franken Busse aufgrund der Libor-Affäre nicht berücksichtigen.
Das Ergebnis der UBS liest sich demnach schlechter als es wirklich ist. Denn operativ konnte die UBS einen Gewinn erwirtschaften, durch Neugeldzufluss stiegen die verwalteten Vermögen und der Aktienkurs am Jahresende lag 27,6 Prozent über dem Vorjahr. Dennoch war das Jahr 2012 ein Jahr des Umbruchs und keineswegs ein Jahr des Erfolgs, ausser für die Aktionäre, die von einer um 50 Prozent erhöhten Dividende profitieren konnten.
Im Vergütungsbericht der UBS wirkten sich insbesondere die vergangenen Personenwechsel des CEO (im September 2011 von Grübel auf Ermotti) und des Verwaltungsratspräsidenten (im Mai 2012 von Villiger auf Weber) aus. Die ehemaligen Chefs verzichteten damals auf einen Grossteil ihres Lohnanspruchs, was der aktuelle CEO Sergio Ermotti und der aktuelle Verwaltungspräsident Axel A. Weber nicht tun. Im Gegenteil: Weber bekam am 3. Mai 2012 zur Begrüssung gar 4,268 Millionen Franken als Antrittsprämie. Rechnet man seinen Lohn auf ein ganzes Jahr auf und addiert dazu die Antrittsprämie, kommt Weber auf ein Jahresgehalt von knapp 9,7 Millionen Franken, was 194mal so viel ist, wie der Mitarbeitende mit dem tiefsten Lohn bei der UBS verdient.
Neben dem Wechsel des vollamtlichen Verwaltungsratspräsidenten wurde bei der UBS der Verwaltungsrat von elf auf zwölf Köpfe erweitert und der Frauenanteil aufgestockt. Pro Kopf lag die Entschädigung der nebenamtlichen Verwaltungsratsmitglieder ein Prozent unter jener im Vorjahr. Das Verhältnis dieser Entschädigung zum tiefsten Lohn blieb bei 1 zu 15.
Die grösste Entschädigung in der Konzernleitung der UBS ging im abgelaufenen Geschäftsjahr erstmals an CEO Sergio Ermotti mit 8,871 Millionen Franken. Amerikachef Robert McCann, der 2011 noch 9,183 Millionen Franken verdiente, musste sich 2012 mit 8,555 Millionen Franken, was 171mal soviel ist wie der Tiefstlohn im Unternehmen, zufrieden geben. Die grösste Lohnschere in der Konzernleitung verringerte sich damit um 3,4 Prozent auf 1 zu 177. Die Schere zwischen dem Lohn Ermottis und dem Tiefstlohn bei der UBS öffnete sich im Vergleich zu 2011 um 4,8 Prozent und – wegen des angesprochenen Lohnverzichts von Oswald Grübel – gar um 199 Prozent im Vergleich zum Lohn seines Vorgängers.
Für die weiteren neun Mitglieder, die Ende 2012 noch in der Konzernleitung der UBS sassen, wird der Lohn nicht separat ausgewiesen. Durchschnittlich betrug er über 6,2 Millionen Franken oder das 125-fache des tiefsten Lohns bei der UBS. Diese Lohnschere öffnete sich damit um 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
UBS: Aufgeschobene Vergütungen und 24,5 Millionen Franken Ersatzzuteilungen für Orcel
Der neue Star bei der UBS heisst Andrea Orcel. Der CEO des Investment Bankings stiess am 1. Juli in die Konzernleitung. Zu diesem Wechsel wurde er bewegt, indem die UBS aufgeschobene Lohnansprüche von knapp 6 Millionen Franken in bar und 18,5 Millionen in gesperrten Aktien von seinem alten Arbeitgeber Bank of America Merrill Lynch übernahm. Würde man diese Ersatzzuteilungen als Lohn betrachten, hätte Orcel im Jahr 2012 614mal soviel verdient wie der Mitarbeitende mit dem tiefsten Lohn bei der UBS. Es handelt sich bei diesen Ersatzzuteilungen nicht um einen eigentlichen Lohnbestandteil, sondern um eine fragliche Marktpraxis, die das Konzept der aufgeschobenen Lohnansprüche torpediert. Durch die aufgeschobenen Vergütungen sollen sich die Manager auf die langfristige Entwicklung des Unternehmens konzentrieren. Dementsprechend bleiben die aufgeschobenen Vergütungen auch in den Folgejahren an Leistungs- und Performancekriterien gekoppelt, im extremsten Fall könnte die aufgeschobene Vergütung gar wieder auf Null sinken. Werden die Manager nun nach der Marktpraxis, wie sie die UBS 2012 bei Orcel und 202 weiteren Kaderpersonen praktizierte, aus den aufgeschobenen Vergütungen rausgekauft, so wird das ganze Konzept der aufgeschobenen Vergütungen in Frage gestellt.
Credit Suisse: Öffnende Topverdiener Shafir und Dougan
Im Gegensatz zur UBS konnte die Credit Suisse 2012 einen Reingewinn verzeichnen. Mit 1,349 Milliarden Franken lag dieser allerdings 30,9 Prozent unter jenem des Vorjahres und auch unter den Erwartungen der Experten. Der Jahresendkurs der Aktie lag nur 0,9 Prozent über jenem von 2011. Ähnlich wie bei der UBS lastete auf dem Ergebnis die höhere Bewertung von eigenen Verbindlichkeiten mit ungefähr 2,9 Milliarden Franken.
Bereits 2011 war aufgrund des eingeleiteten Umbaus ein schlechtes Jahr für die CS, was damals auch in den gesunkenen Managergehältern zum Ausdruck kam. 2012 hat diese begrüssenswerte Entwicklung wieder gekehrt.
Urs Rohner, seit Ende April 2011 Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse im Vollamt, erhielt mit 5,235 Millionen Franken knapp 22 Prozent mehr als letztes Jahr. Die Schere zwischen seinem Lohn und jenes des Mitarbeitenden mit dem tiefsten Lohn im Unternehmen öffnete sich um zwölf Prozent auf 1 zu 97.
Der Verwaltungsrat wurde um eine Person auf 14 nebenamtliche Verwaltungsräte erweitert. Die Lohnschere schloss sich deshalb trotz einer höheren Gesamtentschädigung um 9,4 Prozent auf 1 zu 10.
Grosse personelle Veränderungen waren in der Konzernleitung der Credit Suisse zu verzeichnen. Fünf Mitglieder schieden während des Jahres 2012 aus. Private Banking und Wealth Management (inklusive Asset Management) wurden zusammengelegt und werden neu von Hans-Ulrich Meister und Robert S. Shafir gemeinsam geführt. Auch das Investment Banking soll künftig von zwei Konzernleitungsmitgliedern gemeinsam geleitet werden.
Die höchste Gesamtentschädigung der Credit Suisse ging wie im Vorjahr an Robert S. Shafir. Nach 8,5 Millionen Franken im Vorjahr wurden ihm 2012 insgesamt 10,59 Millionen Franken (plus 24,6 Prozent) zugesprochen. Die grösste Lohnschere bei der CS öffnete sich damit um 18 Prozent auf 1 zu 191.
Nach dem massiven Lohneinbruch von Brady Dougan im Jahr 2011 stieg seine Gesamtentschädigung dieses Jahr wieder um 33,5 Prozent auf 7,77 Millionen Franken an. Hauptsächlich dafür verantwortlich ist der höhere Gegenwert der ihm zugesprochenen Aktien. Der im letzten Jahr festgestellte Trend hin zu vernünftigeren Managerlöhnen hat sich also bereits wieder gekehrt. Die Schere zwischen dem Lohn Dougans und dem tiefsten Lohn bei der CS nahm um 26,5 Prozent auf 1 zu 140 zu.
Die Löhne der elf weiteren Konzernleitungsmitglieder werden nicht einzeln angegeben. Im Durchschnitt verdienen sie pro Kopf knapp 5,7 Millionen Franken, was einer Lohnschere von 1 zu 105 (plus 3,4 Prozent) entspricht.
Aktionäre unternehmen nichts
Die beiden Schweizer Grossbanken schütteten 2012 trotz der massiven Spar- und Restrukturierungsmassnahmen – beide Konzerne haben über 2000 Vollzeitstellen gestrichen – wieder höhere Managerlöhne aus. Die neuen Bonusprogramme der Banken führen nicht zu einer grundsätzlich tieferen Entlohnung der Manager, sondern knüpfen eher nahtlos an die alten Programme an. Diese Entwicklung in Richtung steigender Managerlöhne wird von der Minder-Initiative allein kaum gestoppt. An den diesjährigen Generalversammlungen war bei der Konsultativabstimmung eine deutlich höhere Zustimmung der Aktionäre zum Vergütungsbericht zu verzeichnen als im Vorjahr. Bei der UBS stimmten 82,5 Prozent der Aktionäre dem Vergütungsbericht zu. Im Vorjahr waren es nur 60 Prozent gewesen. Bei der CS lag die Zustimmung gar bei 88 Prozent gegenüber 67,6 Prozent im Vorjahr.
Um diese Entwicklung zu stoppen oder umzudrehen sind weitere politische Massnahmen notwendig.