«Ergebnisse der Lohnrunde 2022»
Medienkonferenz
Lohnrunde 2022: Bescheidene Lohnentwicklung trotz wirtschaftlichem Aufschwung
Das vergangene Jahr war trotz der anhaltenden Coronapandemie geprägt von einem starken Wirtschaftsaufschwung. Beschäftigung und Wertschöpfung erreichten neue Höchststände. Damit einher gingen steigende Konsumentenpreise. Diesen Entwicklungen zum Trotz sahen sich Gewerkschaften und Berufsverbände mit zähen Lohnverhandlungen konfrontiert. Die gute Nachricht ist, dass die Löhne per 1. Januar 2022 für viele Arbeitnehmende steigen werden. Die schlechte Nachricht hingegen, dass sie dies nicht in ausreichendem Masse tun. Zu viele Arbeitgebende erzielen damit auch weiterhin Corona-Extra-Gewinne.
Die Schweizer Wirtschaft hat nach dem ersten Pandemiejahr 2020 einen beispiellosen Aufschwung erlebt. Mit Ausnahme von wenigen Branchen war dieser breit abgestützt. Gleichzeitig hat die Teuerung zugenommen. Gewerkschaften und Berufsverbände fanden sich nichtsdestotrotz in harten Lohnverhandlungen mit den Arbeitgebenden wieder. Es ist offensichtlich, dass einzelne Branchen und Unternehmen die herrschende Unsicherheit nutzen, um Extra-Gewinne zu erzielen. «Zu viele Arbeitgebende wehren sich dagegen, ihre erwirtschafteten Gewinne in Form von höheren Löhnen an ihre Mitarbeitenden weiterzugeben. Gerade vor dem Hintergrund des überdurchschnittlichen Einsatzes der Arbeitnehmenden während der Pandemie, ist dies ein Affront ihnen gegenüber. Gleichzeitig gefährdet dieses Verhalten den wirtschaftlichen Aufschwung», so Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse.
Genügende bis zufriedenstellende Resultate in Industrie und Verwaltung
Die bisher bekannten Ergebnisse der Lohnverhandlungen zeigen für das kommende Jahr ein uneinheitliches Bild. In der Industrie sind die Lohnabschlüsse zwar deutlich besser als im Vorjahr, angesichts der guten bis sehr guten Wirtschaftslage in dieser Branche bleiben sie dennoch durchzogen. Auch in verschiedenen Gewerbebranchen werden die Löhne stärker steigen als die Teuerung, ebenso konnten in den Bereichen Transport, Logistik und Verwaltung insgesamt genügende bis zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden. Die Tendenz zu individuellen statt generellen Lohnerhöhungen ist dabei allerdings ungebrochen. «In Zeiten steigender Preise braucht es generelle Lohnerhöhungen. Die Arbeitnehmenden haben in den letzten Monaten unter teilweise widrigen Umständen hervorragende Arbeit geleistet. Es ist falsch, mittels individueller Lohnerhöhungen jetzt nur Einzelne dafür zu belohnen», so Greta Gysin, Co-Präsidentin von Transfair.
Nullrunde im Bauhauptgewerbe – Pflästerlipolitik im Gesundheitswesen
Im Gesundheitswesen wurde auch 2021 Pflästerlipolitik betrieben, weiterhin dominieren in der Branche individuelle Lohnerhöhungen. «Alle wissen inzwischen wie prekär die Lage im Gesundheitswesen ist. Es wurde geklatscht und es wurde erfolgreich abgestimmt. Sobald es aber ums Geld geht, schliessen sich die Türen», so Marco Geu, Zentralsekretär der Gewerkschaft Syna. Im Bauhauptgewerbe kommt es zum zweiten Mal in Folge zu einer Nullrunde, was angesichts des Booms in der Branche unverständlich ist. «Die Baumeister machen sich damit zu Corona-Profiteuren», so Geu weiter.
Automatischer Teuerungsausgleich, bessere Mindestlöhne und ein Ende der Pfästerlipolitik
Aufgrund der durchzogenen Lohnresultate besteht in vielen Branchen für das kommende Jahr Nachholbedarf. Die anhaltend steigenden Preise verlangen nach einem Lohnausgleich bei allen Arbeitnehmenden. Zudem muss die zunehmende Individualisierung bei den Lohnerhöhungen gestoppt werden. Wertschöpfung wird gemeinsam erarbeitet, auch ihre Früchte sollen dementsprechend verteilt werden. Nach wie vor gibt es zudem Branchen mit Mindestlöhnen unter 3’500 Franken. Im kommenden Jahr braucht es ernsthafte Schritte, um diese Armutslöhne endlich auf ein anständiges Niveau zu bringen.
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