Für Frieden – und für gute Löhne und Renten
Am «Weltfeiertag der Arbeit» am 1. Mai erinnern Gewerkschaften und Personalverbände an die Wichtigkeit der Arbeit für unser soziales Zusammenleben und stellen Forderungen für Verbesserungen. Kaum scheint die Corona-Krise überwunden, fordert der Krieg in der Ukraine uns alle erneut. Das durch diesen Krieg ausgelöste Leid ist unfassbar, er muss sofort beendet werden. Angesichts des grossen Leids ist es erfreulich, wie gross die Solidarität unserer Gesellschaft ist. Leider wird aber auch diese Krise herhalten als Argument gegen höhere Löhne. Zum 1. Mai geht deshalb schon ein Blick Richtung Lohnherbst: Aufgrund der anhaltenden Teuerung braucht es jetzt eine deutliche Erhöhung der Löhne.
Die Teuerung in der Schweiz stieg gemäss aktuellen Daten im März auf 2,4 Prozent. Auch die Krankenkassenprämien sollen nächstes Jahr erneut deutlich steigen. Das Leben in der Schweiz wird also teurer. Der Grund sind unter anderem die höheren Energiepreise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg. Auch die Gesundheitskosten sind wegen Corona gestiegen. Weitere Preissteigerungen, getrieben durch die Energiepreise – gerade bei Lebensmitteln – werden in diesem Jahr noch folgen. Eine Zunahme der Konsumentenpreise in diesem Ausmass wurde in der Schweiz zuletzt vor Ausbruch der Finanzkrise vor 14 Jahren verzeichnet. Bei den letzten Lohnverhandlungen war die Teuerung meist kein Argument für generelle Lohnerhöhungen, dieses Jahr wird dies anders sein. Damit der Wert der Löhne erhalten bleibt und damit gleich viel konsumiert werden kann, müssen die Lohnforderungen im Herbst bedeutend höher sein.
Ukrainekrieg darf kein Argument gegen Lohnerhöhungen sein
Teurere Lebensmittelpreise belasten Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen stärker, deshalb müssen gerade die tiefen Löhne noch stärker erhöht werden. Bereits am 1. Mai müssen wir deshalb klarmachen: Die Teuerung muss mit generellen Lohnerhöhungen voll ausgeglichen werden! Ausserdem müssen die Arbeitnehmenden auch an den Produktivitätsgewinnen beteiligt werden. Den Schweizer Unternehmen geht es glänzend: Viele Betriebe konnten mit gleich vielen Arbeitnehmenden deutlich höhere Erträge erzielen. Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz wuchs 2021 um 3,7 Prozent. Letztes Jahr wurde oft die Coronakrise als Argument gegen reale Lohnerhöhungen ins Feld geführt, in diesem Jahr darf die Ukrainekrise kein Argument gegen die Beteiligung der Arbeitnehmenden am wirtschaftlichen Erfolg sein. Es darf nicht vergessen werden, dass die Corona-Massnahmen die Menschen im privaten Bereich erheblich stärker trafen als die Unternehmen. Durch die Einschränkungen wurden die Gewinne der Unternehmen erst möglich. Zudem belasten die Krankenkassenprämien die Arbeitnehmenden zusätzlich zur Teuerung, diese werden nämlich bei der Teuerungsberechnung nicht berücksichtigt. Die Argumente für Lohnerhöhungen sind da, das soll schon am 1.Mai klipp und klar werden!
Nein zu AHV21 – Nein zum höheren Rentenalter
Was auch am 1. Mai gesagt sein soll: Am 25. September 2022 sagen wir Nein zur AHV21-Reform und damit Nein zu einem höheren Rentenalter für Frauen und Nein zu einer bewussten Unterfinanzierung der AHV. Das Parlament hat mit AHV21 eine Vorlage gezimmert, bei der die Frauen zwischen Stuhl und Bank fallen: Sie sollen mit der Erhöhung ihres Rentenalters einen massiven Anteil der Finanzierung der AHV übernehmen. Und das ohne angemessene Kompensationsleistungen. Vielmehr hat das Parlament pseudosoziale Massnahmen verabschiedet, die den Willen, die Frauenrenten wirklich zu verbessern, arg in Frage stellen. AHV 21 ist ein Affront gegenüber den Arbeitnehmenden. Sie richtet sich gegen die Frauen und gegen das Vertrauen in eine zukunftsfähige, solidarische Altersvorsorge. Sie ist nur die Vorstufe für die nächste Etappe der Verschlechterungen: Rentenalter 66 für alle. Oder noch höher, bereits ist von Rentenalter 68 die Rede.
Berechnungen von Travail.Suisse zeigen: Die Beseitigung der Lohndiskriminierung zwischen Frauen und Männern, würden der AHV jährliche Zusatzeinnahmen in Höhe von rund 825 Millionen Franken bescheren. Dies ist nur ein Weg für zusätzliche Einnahmen. Die Erträge der Nationalbank sind immens und gehören uns allen. Sie könnten sehr gut für die Finanzierung der AHV eingesetzt werden. Schliesslich ist die Altersvorsorge die grösste Verliererin der Negativzinspolitik der Nationalbank. Travail.Suisse unterstützt deshalb die Initiative «Nationalbankgewinne für starke AHV». Für Travail.Suisse ist klar: Nein zur missglückten Reform AHV21, damit eine konstruktive und nachhaltige Reform erarbeitet werden kann.
Revision des Arbeitsgesetzes nur mit Verbesserungen
Das Arbeitsgesetz wurde vom Parlament in den letzten Jahren nicht angepasst. Immer wieder gab es aber Diskussionen darüber. Die Abstimmung vom 1.Dezember 1996 mit einem Nein von 67 Prozent zu einer umfassenden Revision des Arbeitsgesetzes hallt noch heute nach (das Referendum wurde damals von den Gewerkschaften ergriffen). Für Travail.Suisse ist weiterhin klar: Die Arbeitsbedingungen dürfen nicht verschlechtert werden. Im Ständerat will man bedeutende Bestimmungen des Arbeitsgesetzes für Tausende von Kadern und Fachmitarbeitenden aushebeln. Eine Erhöhung der Arbeitszeiten ist nicht nötig, die Schweiz hat bereits heute eines der liberalsten Arbeitsgesetze der Welt. Diverse Arbeitszeitmodelle – auch die Vier-Tage-Woche – sind auch mit dem bestehenden Gesetz möglich. Dabei verschliesst sich Travail.Suisse den Diskussionen nicht grundsätzlich, sondern fordert beispielsweise Verbesserungen beim Homeoffice und ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Die Reform des Arbeitsgesetzes muss ausgewogen sein. Deshalb sind die Sozialpartnerdachverbände in Verhandlungen für eine gemeinsame Lösung – aber auf Verordnungsebene. Das scheint den bürgerlichen Ständeratsmitgliedern jedoch egal zu sein, bereits im Juni wollten sie das Gesetz ändern. Anfang dieser Woche haben sie immerhin entschieden, die Sozialpartner im Herbst vor dem Entscheid noch anzuhören. Wir erinnern am 1. Mai 2022 das Parlament gerne an den 1. Dezember 1996. Wir sind sicher, dass eine Durchlöcherung des Arbeitsgesetzes ohne Verbesserungen für die Arbeitnehmenden in einer Referendumsabstimmung abgelehnt wird.