Die Ecopop-Initiative will die Zuwanderung radikal beschränken und so die natürlichen Lebensgrundlagen schützen. Die Initiative wird ihr Ziel aber nicht erreichen. Dafür wird sie die Beziehungen zur Europäischen Union massiv beeinträchtigen, den Arbeitsmarkt umkrempeln, den Druck auf die Arbeitsbedingungen und Löhne verstärken sowie den Sozialwerken und der Schweizer Wirtschaft grossen Schaden zufügen. Kurz: Die Zeche für diese unnütze und schädliche Initiative zahlen die Arbeitnehmenden der Schweiz.
Die Ecopop-Initiative schlägt zwei Instrumente zur Sicherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen in der Schweiz vor: Neben der Forderung, dass 10% der Mittel der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in die freiwillige Familienplanung fliessen sollen, steht eine Beschränkung der Zuwanderung in die Schweiz im Zentrum. Die jährliche Zuwanderung soll auf 0.2% beschränkt werden. Die Initiative macht die Einwanderung zur Hauptursache von Umweltbelastung und Kulturlandverlust. Sie lässt dabei aber völlig ausser Acht, dass nicht allein die Anzahl Personen an sich, sondern vor allem der Pro-Kopf-Verbrauch eine Belastung der natürlichen Lebensgrundlage darstellt. So werden Eingewanderte zu Sündenböcken gemacht, anstatt dass sie als wichtige Fachkräfte für unseren Arbeitsmarkt und Stütze unseres Wohlstandes anerkannt werden. Die Initiative löst starke Veränderungen des Arbeitsmarktes aus, die aus Sicht der Arbeitnehmenden zu negativen Auswirkungen führen.
Zunahme von Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen
Die Ecopop-Initiative fordert eine starre Begrenzung der Zuwanderung. Sie geht dabei von der Definition der ständigen Wohnbevölkerung aus. Dies bedeutet, dass sowohl Grenzgänger als auch Kurzaufenthalter/-innen (Aufenthalt bis 12 Monate) nicht von der Initiative betroffen sind. Bei einer Annahme der Initiative würde die Wirtschaft die benötigten Arbeitskräfte vermehrt mit Grenzgängern und Kurzaufenthaltern decken. Kurzaufenthalter sind aber rechtlich schlechter gestellt als Daueraufenthalter. Ihnen droht beim Verlust des Arbeitsplatzes auch gleich der Verlust der Aufenthaltsbewilligung. Es ist klar, dass sie sich leichter unter Druck setzen lassen und damit eher schlechtere Arbeitsbedingungen und Löhne akzeptieren – es drohen prekäre Arbeitsverhältnisse. Eine Lehre aus dem Saisonnier-Regime von früher ist aber: Personen mit prekären Arbeitsverhältnissen leben in desolaten sozialen Zuständen und verdienen deutlich schlechtere Löhne als ihre Schweizer Arbeitskollegen. Es wird eine Art legales Lohndumping betrieben. Früher oder später kommen damit die Arbeitsbedingungen und Löhne von allen Arbeitnehmenden unter Druck. Eine Zunahme der Grenzgänger und Kurzaufenthalter auf dem Schweizer Arbeitsmarkt ist ausserdem nicht sinnvoll, da sie die Gefahr für Schwarzarbeit erhöhen, zu einer weiteren Zunahme des Pendlerverkehrs führen und sich diese Arbeitnehmerenden oft nur schlecht in die schweizerische Gesellschaft integrieren.
Weniger Arbeitskräfte heisst weniger Wohlstand und steigende Arbeitsbelastung
Eine Beschränkung der Zuwanderung auf 0.2% pro Jahr entspricht etwa 16‘000 Personen. Seit 1983 gab es nur 3 Jahre, in denen die Zuwanderung weniger als 16‘000 Personen betragen hat. Die Initiative steht also nicht für eine Einschränkung, sondern für ein regelrechtes Abwürgen der Zuwanderung. Es gilt zu berücksichtigen, dass pro Jahr rund 9000 Personen über den Familiennachzug von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern in die Schweiz kommen. Weiter nimmt die Schweiz Personen aus Kriegs- und Krisengebiete auf und gewährt ihnen Schutz. Dies entspricht den internationalen Verträgen aus dem Asyl- und Flüchtlingswesen und insbesondere der humanitären Tradition der Schweiz. Das Potenzial, das dem Arbeitsmarkt in Form von Fachkräften zur Verfügung steht, wird sehr stark eingeschränkt. Die Wirtschaft ist auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen, um Wirtschaftswachstum und Wohlstand für uns alle zu erarbeiten. Ganze Branchen funktionieren heute nur durch den Einsatz von ausländischen Arbeitskräften. So leisten die ausländischen Arbeitskräfte zum Beispiel mehr als die Hälfte des Arbeitsvolumens im Gastgewerbe und rund einen Drittel im Gesundheitswesen oder in der Industrie.
Sozialwerke werden geschädigt
Ecopop gefährdet die Finanzierung unserer Sozialwerke: Der Beitrag der Migrantinnen und Migranten an die Sozialwerke ist erheblich: Sie bezahlen 27% der AHV-Beiträge, beziehen aber nur 18% der Leistungen. Ohne Zuwanderung wäre die AHV seit 1992 defizitär. Ecopop gefährdet die Finanzierung der AHV gleich doppelt: durch verkleinertes Wirtschaftswachstum und durch eine starre Begrenzung von ausländischen Arbeitskräften und ihren Finanzierungsbeiträgen. Mit Ecopop fehlen der AHV bis 2030 rund 3 Milliarden Franken, welche in der einen oder anderen Form von den Arbeitnehmenden kompensiert werden müssen. Ausserdem verstärkt eine starre Begrenzung der Zuwanderung, wie sie die Ecopop-Initiative fordert, den Fachkräftemangel. Es ist absehbar, dass der Druck auf die Erhöhung des Rentenalters zunehmen wird, damit die verbleibenden Arbeitskräfte der Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt länger zur Verfügung stehen.
Ecopop gefährdet Beziehungen zur EU
Die Ecopop-Initiative kollidiert mit den bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Bereit nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative befindet sich die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU an einem schwierigen Punkt. Eine Annahme der Ecopop-Initiative mit ihrer starren Begrenzung der Zuwanderung würde den bilateralen Weg endgültig scheitern lassen und die Schweiz in die Isolation führen. Die Bilateralen Verträge sind für die Schweiz aber von hoher Wichtigkeit. Sie ermöglichen eine hohe wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. So gehen 60% der schweizerischen Exporte in den EU-Raum und gar 80% der Importe stammen von dort. Rund ein Drittel unserer Arbeitsplätze hängt von unseren wirtschaftlichen Beziehungen mit der EU ab. Geregelte Beziehungen zu unserem wichtigsten Nachbarn sind also in unser aller Interesse.