Am Mittwoch, 17. September, wird sich der Nationalrat mit einer Motion von Nationalrat Thomas Aeschi befassen, die eine Erhöhung der Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung von sozialpartnerschaftlich ausgehandelten Gesamtarbeitsverträgen fordert. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, sieht in dieser Motion einen Frontalangriff auf die gelebte und bewährte Sozialpartnerschaft in der Schweiz. Travail.Suisse fordert daher die Nationalrätinnen und Nationalräte auf, die Motion deutlich abzulehnen.
Nur gerade die Hälfte der Arbeitnehmenden in der Schweiz untersteht einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Diese tiefe GAV-Abdeckung ist einerseits Folge davon, dass längst nicht in allen Branchen GAV bestehen. Andererseits sind bereits die heutigen Anforderungen (mindestens die Hälfte der Arbeitnehmenden und der Arbeitgebenden müssen dem bestehenden GAV unterstellt sein) für eine Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) – verglichen mit anderen europäischen Ländern – sehr hoch. Dort wo eine AVE allerdings besteht, ist sie ein wichtiger Bestandteil und eine wichtige Grundlage der sehr erfolgreichen Sozialpartnerschaft in der Schweiz. So schafft sie insbesondere auf Arbeitgeberseite gleich lange Spiesse im Wettbewerb – auch gegenüber ausländischer Konkurrenz.
Motion stellt Sozialpartnerschaft in Frage
Die Motion von Nationalrat Aeschi (12.3806) fordert eine Erhöhung der Quoren auf 75% als Voraussetzung für eine Allgemeinverbindlicherklärung eines GAV. „Damit würde eine AVE in den meisten Branchen faktisch verunmöglicht und ein Grossteil der bestehenden AVE wäre gefährdet“, sagt Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse. Diese Motion stellt die Sozialpartnerschaft in Frage und sägt damit in fahrlässiger Weise an einem zentralen Erfolgsfaktor des Schweizer Arbeitsmarktes und Wirtschaftsstandortes. Die Erhöhung der Quoren würde zu einem eigentlichen Kahlschlag führen. Von den aktuell bestehenden 36 AVE-GAV auf kantonaler Ebene und den 37 AVE-GAV auf Bundesebene, würden nur 8, resp. 3 ein erhöhtes Quorum erfüllen. „Dem Lohn- und Sozialdumping ausländischer Firmen würde so Tür und Tor geöffnet. Die Folgen für die Sozialpartnerschaft sind nicht abschätzbar“, so Fischer. Travail.Suisse bekennt sich klar zur Sozialpartnerschaft und fordert den Nationalrat – gemeinsam mit der Gewerkschaft Syna – auch per Brief klar dazu auf, diese schädliche Motion am Mittwoch klar und deutlich abzulehnen und den Wert der Sozialpartnerschaft anzuerkennen.