Stress und Arbeitsbelastung in der Arbeitswelt haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Dies verursacht gesundheitliche Probleme für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Gesellschaft jährliche Kosten von rund 10 Milliarden Franken. Diese Problematik wird sich in Zukunft noch verschärfen, das heisst: Die Politik ist jetzt gefordert. In der kommenden Session behandelt das Parlament ein Postulat von Nationalrätin Josiane Aubert, das ein periodisches Monitoring über Stress am Arbeitsplatz fordert.
In den letzten 30 Jahren hat sich die Arbeitswelt massiv verändert. Strukturanpassungen, Produktivitätssteigerungen und Arbeitsverdichtungen haben den Druck auf die Arbeitnehmenden stetig erhöht. Arbeitsabläufe wurden beschleunigt, die Hektik nimmt zu und auch die Arbeitnehmenden müssen ihre Arbeit immer schneller verrichten. Während ein kurzfristiger Stress durchaus auch zu Motivationssteigerung und erhöhter Leistungsbereitschaft führen kann, wird insbesondere der dauerhafte, chronische Stress als Belastung wahrgenommen und kann die Gesundheit langfristig schädigen.
Stress am Arbeitsplatz ist weit verbreitet
Gemäss einer vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in Auftrag gegebenen Studie fühlen sich rund ein Drittel der Erwerbstätigen in der Schweiz häufig oder sehr häufig gestresst. Dies sind 30 Prozent mehr als noch vor 10 Jahren. Stress am Arbeitsplatz ist also längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein weit verbreitetes Phänomen. Zeitdruck, Parallelität von Aufgabenerledigung („Multitasking“), ständige Arbeitsunterbrechungen durch Telefonanrufe und E-Mails sowie das Verschwimmen von klaren Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sind die massgeblichen Verursacher von Stress.
Eine Studie der Suva geht davon aus, dass Stress künftig zu einem der grössten Arbeitsplatz-Risiko überhaupt wird. So geht die Studie davon aus, dass bis ins Jahr 2030 die psychischen und neurologischen Krankheiten um fünfzig Prozent zunehmen werden. Dann wird die Anzahl arbeitsbedingter, psychischer Erkrankungen die physischen Erkrankungen übersteigt haben. Folglich wird chronischer Stress für die Mehrzahl der ausgefallenen Arbeitsstunden verantwortlich sein – und nicht mehr die Grippe.
Stress macht krank
Wer sich dem Zeit- und Leistungsdruck nicht anpassen kann, hat es schwer, sich auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu behaupten. Überforderung und Stress werden von den meisten ohne Widerrede in Kauf genommen – mit der Folge, dass immer mehr Menschen an gesundheitlichen Symptomen leiden. Die gesundheitlichen Folgen zeigen sich zum Beispiel in Schlafproblemen, chronischen Schmerzen, Herz-Kreislauf-Problemen oder Burnouts. Die Auswirkungen auf die Betroffenen und ihre Familien sind immens. Stress am Arbeitsplatz hat aber auch gesellschaftliche Folgen wie etwa die immensen wirtschaftlichen Kosten von jährlich rund 10 Milliarden Franken. Stress ist ein Auslöser für die klassischen Verschleisserscheinungen, die dazu beitragen, dass bereits heute ein Drittel der Arbeitnehmenden aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zur ordentlichen Pensionierung arbeiten, sondern frühzeitig aus dem Erwerbsprozess ausscheiden. Im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung und der Alterung der Erwerbstätigen wird sich diese Problematik zukünftig noch verschärfen.
Politik ist gefordert
Dieser „Verschleiss“ an Arbeitskräften ist eine unsinnige gesellschaftliche Belastung. Schliesslich fehlen bis ins Jahr 2030 demografie-bedingt ca. 400‘000 Arbeitskräfte in der Schweiz. Im Zusammenhang mit diesem Fachkräftemangel ist die Politik gefordert, den negativen Folgen von Stress entschieden entgegenzuwirken. In der nächsten Session behandelt der Nationalrat ein Postulat von Nationalrätin Josiane Aubert, das ein periodisches Monitoring über Stress am Arbeitsplatz fordert. Ein regelmässiger Überblick über die Arbeitsbelastung und die Stress-Situation am Arbeitsplatz wäre ein wichtiger erster Schritt und gäbe der Politik ein Instrument in die Hände, auf dessen Grundlage geeignete Präventionsmassnahmen ergriffen werden könnten.