Die arbeitsfreien Sonntage und Nächte werden auf nationaler und kantonaler Ebene immer stärker bedrängt. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband von 170’000 Arbeitnehmenden, wehrt sich gegen weitere Liberalisierungsschritte der Arbeits- und Ladenöffnungszeiten.
Der Kanton Zürich stimmt am 17. Juni über die Initiative „Der Kunde ist König“ ab. Die Initiative verlangt nichts Geringeres als die vollständige Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Im September berät der Ständerat über Rund-um-die-Uhr-Arbeitszeiten für Tankstellenshops (parlamentarische Initiative Lüscher). Und er wird höchstwahrscheinlich ganz nach der bewährten Salamitaktik eine weitere „Scheibe“ Arbeitszeitderegulierung beschliessen.
Gegen den Dammbruch der Arbeits- und Ladenöffnungszeiten
Travail.Suisse wehrt sich gegen die Deregulierungsangriffe. Der Vorstand von Travail.Suisse hat im März ein Positionspapier zur Sonntags- und Nachtarbeit mit folgenden Forderungen verabschiedet.
1. Generell gilt das Nachtarbeits- und Sonntagsarbeitsverbot: Das Arbeitsgesetz regelt die Ausnahmebestimmungen aufgrund der Kriterien der „wirtschaftlichen und technischen Unentbehrlichkeit“. Diese Ausnahmebestimmungen sollen nicht gelockert werden.
2. Arbeitsfreie Sonntage und Nächte sind notwendige Ruheinseln: Der Sonntag ist ein kollektiver Ruhetag, der dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Familien- und Sozialleben dient. Der arbeitsfreie Sonntag als traditioneller Ruhetag hat in der heutigen Leistungs- und Konsumgesellschaft einen wichtigen Stellenwert, den es zu erhalten gilt.
3. Keine Ausdehnung der Nachtarbeit: Auch die Nachtruhe ist zu schützen. Ein ausgewogenes Gleichgewicht von Aktivität tagsüber und Ruhe während der Nacht entspricht der biologischen Notwendigkeit des Menschen. Zahlreiche Studien belegen, dass Nachtarbeit die Gesundheit der Arbeitnehmenden beeinträchtigt und vermehrt zu chronischen Krankheiten führt.
4. Sonntagsarbeit schafft keine neuen Arbeitsplätze: Durch die Ausweitung der Arbeits- und Ladenöffnungszeiten wird nicht mehr konsumiert. Die Kaufkraft ändert sich nicht, auch wenn länger eingekauft werden kann. Es werden auch nicht mehr Arbeitnehmende eingestellt, sondern während den längeren Öffnungszeiten wird mit gleich viel Personal gearbeitet. Das erhöht wiederum die Arbeitszeiten und den Arbeitsdruck auf die Betroffenen.
5. Keine unfairen Arbeitsbedingungen: Die Ausweitung der Sonntags- und Nachtarbeit verschlechtert die Arbeitsbedingungen und untergräbt den Grundsatz „Flexibilität gegen Schutz“, da es keine Gesamtarbeitsvertragspflicht gibt und das Recht auf Lohnzuschläge beschränkt ist. Sonntagsarbeit ist oftmals prekäre Arbeit, die zu Lasten der sozial Schwächeren geht.
6. Gegen die Ansteckungsgefahr auf weitere Branchen: Jede Ausweitung der Sonntags- und Nachtarbeit erhöht den Druck auf andere Branchen, ebenfalls die Arbeitszeiten zu deregulieren. Bei Öffnungszeiten rund um die Uhr müssen immer mehr Zulieferbetriebe sowie andere Betriebe (Sicherheit, Reinigung, Informatik etc.) nachziehen, was dann auf andere Branchen auch wieder Auswirkungen haben kann.
Permanenter Konsum ist nicht erwünscht
Nachdem das Volk im 2005 die Sonntagsarbeit in Zentren des öffentlichen Verkehrs hauchdünn angenommen hat, ist der Bedarf an Konsummöglichkeiten gedeckt. Dies zeigt sich auch daran, dass seit dem Jahr 2006 90 Prozent der kantonalen Abstimmungen zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten abgelehnt wurden.
In der laufenden Abstimmungskampagne im Kanton Zürich engagieren sich Travail.Suisse Zürich und die Syna im überparteilichen Komitee „Der Sonntag gehört mir“ gegen die Totalderegulierung der Ladenöffnungszeiten.
Falls im Herbst der Ständerat dem Nationalrat folgen sollte und die parlamentarische Initiative Lüscher ohne weitere Korrekturen annimmt, wird Travail.Suisse das Referendum unterstützen.