Über 150‘000 working poor in der Schweiz!
Das Bundesamt für Statistik BfS hat heute neue Zahlen zur Armut in der Schweiz veröffentlicht. Rund 735‘000 Personen in der Schweiz waren 2019 von Einkommensarmut betroffen. Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, ist besonders schockierend, dass dies auch für rund 155‘000 Erwerbstätige zutrifft. Die Covid-19-Krise dürfte die Situation zusätzlich verschärft haben. Es braucht nun dringend Massnahmen gegen Armut, stabilere Einkommensverhältnisse und höhere Löhne für die Arbeitnehmenden.
8.7 Prozent der Menschen in der Schweiz waren 2019 von Armut betroffen. Das sind über 200‘000 Personen mehr als fünf Jahre zuvor. Jede fünfte Person war nicht in der Lage, innerhalb eines Monates eine unerwartete Ausgabe von 2500 Franken zu tätigen. Dieses triste Bild geht aus einer neuen Publikation des BfS zur wirtschaftlichen und sozialen Situation der Bevölkerung hervor. „Besonders schockierend ist, dass so viele Personen trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen sind“, sagt Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse. Gemäss Zahlen des BfS betrifft dies 4.2 Prozent der Erwerbstätigen oder rund 155‘000 Arbeitnehmende. Das sind 30'000 Personen mehr als noch 2014. Deutlich überdurchschnittlich ist der Anteil working poor bei Einelternhaushalten und Familien mit drei oder mehr Kindern. Für Travail.Suisse ist klar, dass eine Erhöhung der Löhne – insbesondere der tiefsten Löhne – und eine Reduktion der Kosten für Kinder über höhere Kinderzulagen, tragbare Kinderbetreuungskosten und einen Ausbau der Krankenkassen-Prämienverbilligungen dringend nötige Massnahmen der Armutsprävention sind.
Covid-19-Krise verschärft die Armutsproblematik zusätzlich
Die Armutsproblematik wird sich durch die Covid-19-Krise noch akzentuieren. Bereits sind knapp 50‘000 Personen mehr arbeitslos gemeldet als noch vor der Krise. Bei Stellenverlust wieder eine Stelle zu finden ist momentan äusserst schwierig - die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat sich in den letzten Monaten mehr als verdoppelt. „In einer solchen Situation droht eine Aussteuerungswelle mit gravierenden Folgen für die Betroffenen und hohen volkswirtschaftlichen Folgekosten“, sagt Fischer. Ausserdem führt die verbreitete Kurzarbeit bei den Arbeitnehmenden zu Einkommensverlusten, die gerade bei tiefen Einkommen zu existenziellen Problemen und einem Abrutschen in die Armut führen kann.
Travail.Suisse fordert das Parlament auf, in der kommenden Session die Verlängerung der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung zu beschliessen und eine Erhöhung der Schwelle für eine 100-prozentige Kurzarbeitsentschädigung auf 4000 Franken vorzunehmen. Ansonsten droht der Schweiz nach der Covid-19-Kirse eine Armutskrise.