Kongress von Travail.Suisse fordert Anerkennung für Wert der Arbeit
Anfang September fand der Kongress von Travail.Suisse statt. Er verabschiedete das Kongresspapier mit den wichtigsten Forderungen für die kommende Legislatur. Gleichzeitig feierte Travail.Suisse seinen zwanzigsten Geburtstag und nahm die Gelegenheit wahr, einen Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft zu werfen. Zudem wählte der Kongress Adrian Wüthrich für weitere vier Jahre als Präsident.
Am 9. September trafen sich rund 150 Delegierte und Gäste zum alle vier Jahre stattfindenden Kongress von Travail.Suisse. Neben Claes-Mikael Ståhl vom europäischen Gewerkschaftsbund und Peter Frauenknecht von Brücke Le Pont, sprach Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Departements Wirtschaft, Bildung und Forschung, zum Kongress. In seiner Ansprache betonte er die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft und stand anschliessend für Fragen der Kongressteilnehmenden zur Verfügung. Dabei wurden die Themen Lohnschutz und Bildung als wichtige Anliegen der Verbände aufgeworfen.
Arbeit schafft Wert – Anerkennung jetzt
Der Kongress und das Kongresspapier standen unter dem Motto «Arbeit schafft Wert – Anerkennung jetzt». Arbeit ist die Grundlage jeder Wertschöpfung und sollte deshalb einen entsprechenden gesellschaftlichen Wert erhalten und auch entsprechend entlöhnt werden. Applaus reicht nicht, vielmehr braucht es gute und gerechte Löhne, die dem Kaufkraftverlust entgegengesetzt werden können. Eine wichtige Frage ist diejenige nach den Arbeitszeiten, einerseits nach deren Planbarkeit und andererseits nach der Länge der Wochenarbeitszeit, zu der auch ein Antrag von SCIV auf dem Tisch lag.
Gute Arbeit und die Frage nach den Arbeitszeiten sind eng mit der Frage der Vereinbarkeit verknüpft. Wie können Arbeitnehmende ihre familiären und gesellschaftlichen Verpflichtungen mit dem Beruf vereinbaren? Nur mit einer Verbesserung der Vereinbarkeit kann die Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht werden. Dies setzt auch voraus, dass jegliche Diskriminierung konsequent bekämpft wird.
Aufgrund der sich stetig und immer schneller wandelnden Arbeitswelt gilt es, die Bildungsanstrengungen auf allen Ebenen zu stärken – insbesondere im Bereich der Berufsbildung und der Weiterbildung.
Wer mit seiner Arbeit Wert schafft, muss auch entsprechend sozial abgesichert sein, wenn er oder sie, dies nicht (mehr) tun kann. Es braucht deshalb starke Sozialversicherungen für alle Unwägbarkeiten des Lebens. Im Alter müssen die Renten für einen Lebensabend in Würde ausreichen.
Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch ein starker und zugänglicher Service public und eine gerechte Finanz- und Steuerpolitik zum Wohl der Allgemeinheit. Neue Herausforderungen zeigen sich mit der zunehmenden Klimakrise, vor deren Auswirkungen die Arbeitnehmenden geschützt werden müssen.
20 Jahre Travail.Suisse
Zum zwanzigjährigen Jubiläum gab es am Kongress vielfältige Rückblicke in die Vergangenheit. Die Versammlung begann mit einem kurzen Video mit historischen Bildern aus den letzten 130 Jahren Gewerkschaftsgeschichte. Dabei wurden auch die Vorläuferorganisationen von Travail.Suisse, der Christlich-nationale Gewerkschaftsbund (CNG) und der Verband Schweizerischer Angestellter (VSA) und deren Wurzeln beleuchtet.
Am Nachmittag stellte Prof. Dr. Christian Koller, Leiter des Sozialarchivs, die Jubiläumsbroschüre vor, die er im Auftrag von Travail.Suisse zur Geschichte des unabhängigen Dachverbands der Arbeitnehmenden erstellt hatte. Dabei unterstrich Koller die historischen Umstände, die zur Gründung von Travail.Suisse im Jahr 2002 geführt hatten. Kurz zuvor war bereits die Syna als schweizweit erste branchenübergreifende Gewerkschaft gegründet worden. Gleichzeitig war es angesichts der in den 1990er-Jahren stark vorangetriebenen Deregulierung und Privatisierung wichtig, mit einem unabhängigen und starken Verband agieren zu können.
In der zwanzigjährigen Geschichte hat Travail.Suisse drei eigene Initiativen lanciert, die alle bei sozialpolitischen Themen Druck machten. Die Initiative für fairere Kinderzulagen erreichte 2006 mit einem Gegenvorschlag eine Volksmehrheit. Die Initiative für sechs Wochen Ferien hat die Frage nach dem gerechten und gesunden Mass an Arbeits- und Freizeit aufgeworfen, wurde vom Stimmvolk aber verworfen. Die Initiative für die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs erreichte, dass frischgebackene Väter seit 2021 zwei Wochen Vaterschaftsurlaub beziehen können.
Über Geschichte und Gegenwart von Travail.Suisse tauschten sich in der Folge die ehemaligen Präsidenten Hugo Fasel und Martin Flügel mit der ehemaligen und langjährigen Leiterin Administration und Kommunikation, Therese Schmid und dem aktuellen Präsidenten Adrian Wüthrich aus. Sie erinnerten an die neuen Wege, die bei der Gründung von Travail.Suisse gegangen werden mussten und welche Herausforderungen sich damals und heute stellen.
Wahlen
Der Kongress hat sich auch mit den statutarischen Geschäften befasst. Als Präsident wurde Adrian Wüthrich wiedergewählt. Der 43-Jährige leitet den Verband seit 2015. In den letzten vier Jahren brachte Travail.Suisse unter seiner Führung den Vaterschaftsurlaub erfolgreich zur Abstimmung. Zudem beschäftigten den Verband insbesondere die Corona-Krise mit ihren Auswirkungen auf die Arbeitnehmenden sowie die Entwicklungen in der Europapolitik als auch die interne Verbandsentwicklung.
Der Kongress wählte ausserdem mehrere neue Vorstandsmitglieder aus den Reihen der Syna. Neu gewählt wurden Antonella Maio, Nora Picchi, Danilo Ronzani und Johann Tscherrig. Zudem wurde Leo Eyholzer als neues Vorstandsmitglied für die Rentnerkommission von Travail.Suisse gewählt. Travail.Suisse gratuliert allen Gewählten herzlich und freut sich auf die (weiterhin) gute Zusammenarbeit!
Fotos vom Kongress (© Lilian Salathé für Travail.Suisse)